Vom Glück eines freien Journalisten?

Die Kollegen der Medienlese baten mich gestern eine Antwort auf den eines freien Journalisten zu schreiben, der die negativen Seiten im Leben eines Freiberuflers geschildert hat. Meine Antwort darauf:

Ich bin seit vielen Jahren freier Journalist und lebe ohne Festanstellung. Angefangen habe ich in den neunziger Jahren, wie so viele neben dem Studium. Dann folgten ein paar Jahre in verschiedenen Firmen, aber auch immer wieder unterbrochen von Phasen, in denen ich wieder solo unterwegs war. Meine letzte Festanstellung habe ich 2001 gekündigt. Freiwillig. Ich kann die Klagen des Kollegen an dieser Stelle nachvollziehen.

Ich kenne mich also aus in Sachen Freiberuflichkeit. Ich kenne die Probleme mit der Steuer, mit nicht- oder nur schleppend zahlenden Kunden, mit plötzlich versiegenden Geldquellen, mit abartig niedrigen Löhnen. Ich war vor ein paar Jahren mal ein paar Monate nicht krankenversichert, Urlaub gibt es selten, aber ich bin fast nie auf die Kollegen in den Redaktionen neidisch. Denn die Freiberuflichkeit hat eine Menge Vorteile.

1. Als angestellter Journalist ist das Einkommen auch nicht sicherer
Redaktionen werden heute schneller verkleinert, als man “Einsparungspotential” sagen kann. Der Druck, der heute in vielen Redaktionen herrscht, unterscheidet sich auch nicht von dem, den man als Freiberufler hat. Wie sicher ist meine Stelle? Wird die Redaktion vielleicht aufgelöst, weil sie mit einer anderen zusammen gelegt wird? Das unterscheidet sich nicht von meiner Frage, wie flüssig meine Auftraggeber bleiben. Allerdings habe ich den Vorteil, dass ich mein Risiko auf verschiedene Arbeitgeber verteilen kann. (Siehe unten bei den Tipps)

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Disclaimer: Medienlese gehört zur Blogwerk AG. Dort leite ich das Gadgetblog neuerdings.com

4 Antworten zu „Vom Glück eines freien Journalisten?“

  1. Ich habe 2 Jahre als fester Texter (und Kurator) bei einer Art Kunstverlag verbracht. Beim allerersten Zeichen der Krise 14 Leute+ich entlassen. Praktikant schreibt jetzt „in meinem Stil“. Resutat: So gut wie alle alten Kontakte aus freien Zeiten zu Hamburger Auftraggebern futsch, muss fast alles wieder aufbauen…noch nie so viele Briefe geschrieben.
    Es sind zwei Systeme (Festanstellung und Freier) die m E so gut wie inkompatibel sind. Ich verkaufe meine Seele so schnell nicht wieder…(kann sich eh keiner leisten).

  2. dampfbadbiber

    Zufriedenheit ist ein hohes Gut. Nur sehe ich, dass freie Journalisten in diesen Zustand gezwungen werden, weil sie keine Wahlmöglichkeiten haben. Als freier Unternehmensberater kann ich wählen, ob mit oder ohne Familie, ob 2-Zimmer-Wohung im Szeneviertel einer Grossstadt oder 300qm-Restbauernhof auf dem Land. Tagessätze stimmen. Selbst Festanstellung wäre drin, wenn die Auftraggeber zufrieden sind. Dagegen bleibt erfolgreichen Freischreibern meist nicht mehr als zum Sterben zuviel und zum Leben zuwenig. Von den nicht so erfolgreichen mal ganz abgesehen. Ich kann verstehen, dass einige sich mit dieser Lage ohne Sicherheit aber auch ohne Souveränität etwas zu ändern, nicht abfinden wollen. Übrigens auch die Lebenspartner nicht, was dazu führt, das Kreative mit Kreativen zusammen sind.

    Wie wäre es, denn, Herr Dahlmann, wenn jetzt ein Kind käme, mit allen zeitlichen und finanziellen Verpflichtungen? Oder Elternteile zu pflegen oder anderweitig zu betreuen wären? Da fällt das gezimmerte Gläck schnell zusammen – weil Rücklagen fehlen, weil Alternativen fehlen. Schon mal an die Rente gedacht? Es gibt kaum Tätigkeiten, bei dem die Selbstwahrnehmung und der Anspruch, gegenüber der Realität so auseinanderklaffen, wie bei freien Journalisten. Andere Kreative und Künstler sind sich der prekären Lage bewusst. Das sehe ich bei Journalisten nicht so oft.

  3. Krankheiten, ob eigene oder die von Angehörigen, bringen das Leben immer durcheinander, egal ob Freiberuflich oder Festangestellt. In meinem Fall gibt es die KSK, die nach 70 Tagen immerhin ein Minimum an Krankentagegeld zahlt.

    Ich kenne die Freiberuflichkeit nicht nur aus meiner eigenen Erfahrung. Ich komme aus einer Familie von Freiberuflern. Mein Vater ist es seit 40 Jahren, meine Großeltern waren es. Ich kenne, insbesondere durch meinen Vater, so ziemlich alle Höhen und sehr großen Tiefen der Freiberuflichkeit und ich mache mir auch keine Illusionen. Schon gar nicht, was meine Rente angeht.

  4. horst

    tja… alles mist.