Arbeit. Arbeit. Arbeit. Heute sieht man dann auch mal was von Wuxi, denn gestern versank die Stadt in einer Mischung aus Dunst und Smog. Die Sichtweite betrug vielleicht 800 Meter, dahinter gab es nur noch einen grauen Schleier. Heute scheint die Sonne, man kann einen blauen Himmel erahnen. Schöner wird die Stadt dadurch aber auch nicht. Die Innenstadt besteht, wie wohl die meisten Städte in der Gegend, aus riesigen Baustellen und vielen, vielen neuen Hochhäuser. Unter 20 Stockwerken tun es die Chinesen einfach nicht. Das sieht man vor allem, wenn man die Stadt verlässt und in die Gewerbeparks fährt. Auf dem Weg sieht man riesige Baustellen, auf denen teilweise 15 und mehr Hochhäuser mit mehr als 20 Stockwerken hoch gezogen werden. Und davon sieht man nicht eine, oder zwei. Es sind Dutzende, allein in Wuxi, und auf der Strecke von Shanghai nach Wuxi sind die Baustellen kaum noch zu zählen. Gleichzeitig reißt man die alten Wohnsiedlungen, die teilweise erst vor 10 oder 20 Jahren gebaut wurden, wieder ab. Die Wohnungen in den neuen, riesigen Siedlungen sind extrem begehrt. Keiner will mehr in den alten, engen und unmodernen Siedlungen untergebracht werden.
Um behaupten zu können, das Wuxi schön sei, muss man sich schon arg betrinken. Laut der teilweise seit Jahren in China lebenden Europäer, mit denen ich gesprochen habe, sieht es überall in der Provinz so aus, Wuxi sei sogar noch wegen der Nähe zu Shanghai noch ein klein wenig besser dran. Im Inneren von China gibt es wohl tausende von Städten, deren Einwohnerzahl die Millionengrenze sprengt und die schneller wachsen, als man sich das vorstellen kann. Das man nicht mehr in Shanghai ist, merkt man vor allem daran, dass nun überhaupt keiner mehr Englisch spricht, wenn man das Hotel verlassen hat. In Shanghai ist es schon schwierig, in Wuxi geht nicht viel, wenn man nicht ein paar Brocken Chinesisch kann. Man kommt aber mit den Händen und Füßen einigermaßen klar, die Eigenart, alle Speisekarten zu bebildern ist eine große Hilfe für beide Seiten.
Zu dem sind die Chinesen meist ziemlich freundlich. Nicht alle, das ist klar, aber die meisten sind sehr offen und hilfsbereit. Ein netter Mann verstand mein Gewedel mit einer Zigarettenpackung nach einer Minute und bedeutete mir ihm zu folgen. Er führte mich 300 Meter zu einem Kiosk und übernahm dann auch noch die Bestellung.
Die Kantine hält heute dann doch eher unangenehme Überraschungen bereit. Die schlecht gelaunt in irgendeiner Soße herum schwimmenden Hühnerteile, sehen aus, als hätten sie schon zwei bis drei andere Gerichte vorher verziert. Und riechen auch so. Das essen wir also nicht. Bedeutet dann allerdings auch hungern bis zum Ende des Workshops.
Abends versuche ich mit einem Kollegen, einer App mit chinesischer Sprachausgabe und vielen Bildern auf der Karte Essen zu bestellen, was erstaunlich gut klappt. Oder anders ausgedrückt: Wir bekommen Dinge, die wir irgendwie erkennen. Nur als plötzlich ein „hot pot“ ankommt, in dem was längliches schwimmt bin ich kurz unsicher. Hund, Katze, Maus? Wasserschlange? Aal? Nachdem ich meine Gabel rein gebohrt habe, kann ich Entwarnung geben – kunstvoll geschnitzte Aubergine.
2 Antworten zu „Shanghai – Tag 4“
Ich hoffe, die Aubergine war so gut, wie ich sie mal in der Provinz erleben durfte. Die können da irgendwie besser mit diesem seltsammen Gemüse umgehen als wir hier…
Ich liebe diesen Reisebericht. Es ist wie dabeisein, ohne dass ich extra nach Shanghai fliegen muss. Danke!