So amüsant die Lektüre der wenigen, bisher von den Medien aufgearbeiteten Dossiers aus der neuesten Veröffentlichungsorgie von Wikileaks auch ist, so sehr kommen mir da einige Dinge etwas zu kurz.
1. Die Quelle und deren Bewertung
So sehr sich Spiegel, NYT oder andere Zeitungen sich für die Veröffentlichung feiern lassen (und finanziell profitieren), es macht mal wieder deutlich, dass keines der Magazine bzw. der Zeitungen, in der Lage ist, etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen. Man hat die Daten nicht mittels einer eigenen Rechercheleistung aufgetrieben, sondern über eine dritte Partei zu gespielt bekommen. Woher die Daten stammen? Keiner weiß es. Allerdings, ich hatte das an anderer Stelle schon einmal geschrieben, ist es ja durchaus wichtig, woher man seine Daten bekommt. Niemand glaubt (bisher), dass große Teile der Dokumente gefälscht sein könnten, die Reaktionen des US-Außenministeriums sprechen auch dafür, dass sie echt sind. Aber dennoch muss ein schaler Geschmack zurückbleiben, weil man die Quelle nicht kennt. Ebenso müssen sich die Medien die Frage gefallen lassen, welchen Grund es wohl haben mag, warum sich die Quelle nicht direkt an sie gewandt hat. Wenn es denn eine Quelle von außen gibt und die Sache nicht ein „Inside Job“ von Wikileaks war, scheint diese Quelle mehr Vertrauen zu Wikileaks zu haben, als zu irgendeinem Verlagshaus auf der Welt. Ich will nicht so weit gehen, dass dies etwas über den Zustand der Printmedien aussagt, aber offenbar glauben zumindest einige Quellen, dass es mit der redaktionellen Freiheit nicht so weit her ist.
2. Die Fixierung von Wikileaks auf die USA
Es ist auffällig, dass Wikileaks fast ausschließlich Daten und Materialen veröffentlicht, die aus den USA stammen. Das löst bei mir eine gewisse Skepsis aus. Sind die Amerikaner so blöd, dass sie ihre Netze nicht schützen können? Warum gibt es diese Dinge nicht aus England, Russland, Japan, Frankreich oder Deutschland? Ich glaube kaum, dass derartige Dossiers nur von den USA erstellt werden. Nun mag es sein, dass die USA sich in den letzten Jahrzehnten nicht gerade beliebt gemacht haben, aber es wirkt teilweise schon wie eine Privatfehde, die sich Wikileaks und die USA da leisten. Ich würde mir wünschen, dass Wikileaks diese Fixierung aufgibt und auch der „safe haven“ für Dokumente aus anderen Ländern wird.
3. Die Instrumentalisierung der Medien
Interessant ist es auch zu beobachten, wie schnell sich die Medien von wenigen Quellen instrumentalisieren lassen. Wikileaks gibt nicht nur die Daten heraus, die Organisation bestimmt auch wann diese Daten und an welche Medien weiter gegeben werden. Interessanterweise gehören dazu selten Fernsehstationen oder andere, reine Internetplattformen. Man poliert den eigenen Ruf damit auf, in dem man die Daten ausschließlich nur weltweit bekannten Printpublikationen zur Verfügung stellt, deren Ruf über jeden Zweifel erhaben scheint. Diese Medien halten sich dann offenbar an einen, offenbar mit Wikileaks abgesprochenen, Veröffentlichungsplan, was auch schon eine Menge aussagt. Einerseits ist es wichtig, das Wikileaks diesen, eher konservativen Weg geht, andererseits laufen die Medien dadurch auch Gefahr sich manipulieren/instrumentalisieren zu lassen. Wer ist im Veröffentlichungspool, wer nicht?
4. Wären die Dossiers ohne Wikileaks veröffentlicht worden?
Zumindest in Deutschland ist bekannt, dass der politische Journalismus und die Politik eng verzahnt sind. Zum einen wechselt man gerne und oft die Lager (z. B. Steffen Seibert) zum anderen liegt es in der Natur der Dinge, dass nur eine gute Vertrauensbasis dazu führt, an die wichtigen Informationen zu kommen. Spannend daher die Frage, was Spiegel, FAZ oder SZ gemacht hätten, wenn ihnen die Informationen ohne Wikileaks zugespielt worden wären. Hätten sie alles veröffentlicht? Oder nur die harmlosen Teile, während man brisante Teile in den Giftschrank gelegt hätte? Wäre man zum Beispiel auf die Idee gekommen, den ganzen Krempel online zu stellen?
Interessant ist das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis von Wikileaks und den Medien schon. Einerseits zeigt es, dass Wikileaks ohne die Hilfe der Medien nicht in der Form existieren könnte, andererseits sieht man auch, dass die Medien ohne Wikileaks derartige Daten nicht bekommen würden, oder die Gefahr bestünde, dass sie aus politischer Rücksichtsnahme nicht an die Öffentlichkeit kämen. Gleichzeitig macht die Allianz aber auch deutlich, dass das Internet weit davon entfernt ist, dass die klassischen Medien ersetzen zu können. Hätte eine Veröffentlichung in der Huffington Post eine ähnliche, weltweite Resonanz verursacht? Vermutlich nur dann, wenn die HuffPost die Daten an andere Medien weiter gereicht hätte. Es zeigt auch, dass eine große, gut ausgebildete Redaktion nötig ist, die Daten überhaupt analysieren und einschätzen zu können. Solche Leistungen sind mit reinen dezentralen redaktionellen Netzwerken bisher nicht möglich. Zwar gibt es Beispiele, wo die „Netzbewohner“ bei Aktendurchsichten behilflich waren, aber bei derartig delikaten Informationen ist die genaue Einordnung in einen Kontext extrem wichtig und nur von jenen zu meistern, die sich in dem Bereich auch auskennen. Es böte sich hier aber auch die Möglichkeit, dass Redaktionen sich weiter öffnen und zusammen mit den, teilweise ja durchaus kompetenten Lesern, derartige Materialsammlungen durchforsten. Vielleicht würde man so auch die Vertrauensbasis zu den Lesern wieder vertiefen um so auch an eigene Geschichten zu kommen, die nicht aus unbekannten Quellen bei Wikileaks stammen.
42 Antworten zu „Wikileaks und die Medien“
Die NYT berichtet, dass ein amerikanischer Soldat die Dokumente an Wikileaks weitergegeben hat:
„The possibility that a large number of diplomatic cables might become public has been discussed in government and media circles since May. That was when, in an online chat, an Army intelligence analyst, Pfc. Bradley Manning, described having downloaded from a military computer system many classified documents, including “260,000 State Department cables from embassies and consulates all over the world.” In an online discussion with Adrian Lamo, a computer hacker, Private Manning said he had delivered the cables and other documents to WikiLeaks.
Mr. Lamo reported Private Manning’s disclosures to federal authorities, and Private Manning was arrested. He has been charged with illegally leaking classified information and faces a possible court-martial and, if convicted, a lengthy prison term.“
http://www.nytimes.com/2010/11/29/world/29cables.html?_r=1&hp=&pagewanted=all
Du hast prinzipiell Recht mit der Fixierung auf die USA, allerdings hat Wikileaks auch schon einiges anderes vorher veröffentlich, unter anderem die Sperrlisten aus Norwegen und Finnland, und aus Deutschland auch die Maut-Verträge.
Zur Frage, ob die Dossiers auch ohne Wikileaks veröffentlicht worden wären? In Deutschland eher nicht befürchte ich, dazu haben die meisten Journalisten in D nicht mehr genug Eier in der Hose, um es mal so auszudrücken. Zur Bewertung und Analyse stimme ich dir vollends zu, ohne eine gute Redaktion und das Zusammenspiel von einem guten Team ist das nicht zu machen. Leider vergessen viele der etablierten Zeitschriften, dass genau das ihre Stärke sein sollte, und nicht das unreflektierte Veröffentlichen von Agenturmeldungen.
Was die Quelle angeht, so ist es keine Wikileaks-Erfindung, diese zu schützen und anonym zu halten. Quellenschutz war immer schon ganz wesentlich, damit eine freie Presse überhaupt an mehr oder minder brisante Daten herankommt. In einer Zeit, in der Volksvertreter und Minister es schon nicht mehr als ihre verdammte Pflicht ansehen, politischen Magazinen wie Frontal21 oder Panorama Interviews zu gebe – und damit der Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen – müssen whitleblower sicher sein, ihren Job zu behalten bzw. nicht ins Gefängnis zu kommen.
Wikileaks hat sich bisher immer auf den Standpunkt gestellt, nur das Material zu beschaffen, die Bewertung aber den Journalisten und Wissenschaftlern zu überlassen. Genau daher überlassen sie ihre „Dossiers“ im ersten Schritt bekannten Zeitschriften weltweit. Gleichzeitig mit den Veröffentlichungen dort werden die Sachen ja auch allen anderen per Internet zur Verfügung gestellt.
Was die Fixierung auf die USA angeht, da gibt es sicher reichlich gute und nicht so gute Gründe für, auch eine Privatfehde ist alles andere als ausgeschlossen. Immerhin zeugen die Versuche Assange einzuschüchtern auch nicht wirklich von Souveränität auf Seiten der abgeblättert erscheinenden Supermacht. Andererseits haben die USA eine Tradition der Veröffentlichung – sowohl gesetzlich bindend als auch durch whistleblower. Das Vereinigte Königreich kennt das sonst noch, Deutschland überhaupt nicht. Und über Russland muss man kaum reden, dort werden bis heute missliebige Journalisten einfach umgebracht.
Sicherlich muss Wikileaks kritisch beäugt werden, einfach um zu verhindern, dass sie sich selbst zum Weltpolizisten machen [was sie gar nicht können, aber das ist ein anderes Thema]. Die Kommentare der letzten 2 Tage, sowohl auf Twitter wie auch in Blogs und klassischen Medien, scheinen mir oft ein wenig süffisant zu sein, ‚Das wussten wir alles schon‘, ‚Das ist doch nichts Interessantes‘, ‚Habt Ihr nichts Besseres finden können‘. Erwarten wir wirklich weltverändernde Enthüllungen? Glauben wir wirklich, dass unsere Regierungen uns von vorne bis hinten zutiefst verachten und verarschen?
Machen wir uns nichts vor, die meisten Regierungsdokumente, gerade die verheimlichten, zeigen vermutlich nur, wie kleingeistig Politiker sind – eben genau wie ihre Bürger. Und manchmal gibt es dann Fälle ie den Hubschrauberangriff, wenn die Kleingeistigkeit sich in realer, also tödlicher, Macht manifestiert. Für beides brauchen wir jene Öffentlichkeit, jene Atmosphäre, die Wikileaks schafft.
Ein paar ganz interessante Denkansätze.
Kurzer Hinweis: Der Mann heißt „Steffen Seibert“, nicht Stefan.
Es ist erschreckend, dass sich anscheinend keiner der nun überall auftauchenden Diskutanten die Mühe gemacht hat sich mit Wikileaks etwas intensiver auseinanderzusetzen.
Nicht nur, dass jahrelang Dokumente aus aller Welt veröffentlicht worden sind, nein, auch die Arbeitsweise, welche problemlos auf der Website nachzulesen ist, scheint den wenigsten bekannt. Wikileaks trat bisher lediglich als Mittler auf; man erhielt die Daten, verifizierte Diese über ein Expertennetzwerk und veröffentlichte diese. Das „Colleteral Murder Video“ bildet hierbei die einzige Ausnahme, da Wikileaks erstmalig und bisher zum einzigen Mal eine Bewertung der Daten übernahm…
[…] Wikileaks macht sich dann doch noch Don Dahlmann Gedanken, die so nicht in den herkömmlichen Medien zu finden sind. Zumindest nicht so […]
Die Vorgehensweise von Wikileaks ist schon ziemlich clever, wie ich finde. Die Big Player des Zeitungs- und Magazinwesens werden quasi mit Exklusivrechten zur Berichterstattung geködert. Wenn die Dokumente für jeden sofort zugänglich wären, dann würden die Berichte über diesen ganzen Datenwust viel kleiner ausfallen – man könnte ja nicht mehr mit einem echten Skandal auf der Titelseite aufmachen.
Gleichzeitig werden diese in ihrem jeweiligen Land journalistischen Instanzen per internationalem Wettbewerb zur Berichterstattung quasi gezwungen. Würde ein Whistleblower nur zu einem Medium gehen, könnte dieses wegen Brisanz, rechtlicher Bedenken, kleiner Eier, etc. eine Öffentlichmachung ablehnen. So würde der Spiegel blöd dastehen und ganz schön in Erklärungsnot geraten, wenn NYT und Guardian die Story brächten.
Auf den Quellen- bzw. Informantenschutz hat Dierk ja schon hingewiesen. Und Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß sich FAZ oder SZ oder vielleicht sogar die ARD auf das juristisch dünne Eis begeben und eine Anklage wegen Geheimnisverrat riskieren?
Dierk: „Was die Quelle angeht, so ist es keine Wikileaks-Erfindung, diese zu schützen und anonym zu halten.“
Wikileaks bietet die technischen Voraussetzungen, um Dokumente gesichert anonym hochzuladen, auch und gerade aus Ländern, die das zu verhindern suchen (China, Iran etc.). Wenn diese Herangehensweise genutzt wird, ist es selbst den Machern von Wikileaks nicht möglich, die Sender zu identifizieren. Die Authentizität solcherart verfügbar gemachter Dokumente muss auf anderem Wege geprüft werden, ohne die Quelle zu kennen. Es gab (gibt?) eine Art redaktionellen Prozess, um das sicherzustellen und gute Verbindungen in verschiedene Organisationen hinein. Allerdings kann dieser redaktionelle Prozess aufgrund der Personalaustattung von WIkileaks nicht mehr funktionieren, wenn man Dokumente gleich tausendfach hochlädt.
Insofern ist zumindest die Frage berechtigt, ob die Veröffentlichung bestimmter Informationen hätte besser abgewägt werden müssen (eher bezogen auf die Irak-Dokumente als auf die jetzt veröffentlichten State-Department-Depeschen).
Aufgrund der Machart der Dokumente, deren Inhalten und der Reaktionen der Amerikaner halte ich die Frage der Authentizität im vorliegenden Fall für geklärt. Die zweite Fragestellung, die sich hinter der Frage nach der Quelle verbirgt, ist jedoch mindestens ebenso wichtig: Warum wurden diese Dokumente veröffentlicht? Cui bono?
Die eigentliche Kritik gegen diese Art der Veröffentlichung ist jedoch eine ganz andere: Wikileaks gibt damit seine Position als neutrale Veröffentlichungsinstanz auf. Wikileaks macht aktiv Politik.
Ich vermute, dass das einer der Gründe war, weshalb Daniel sich aus dem Projekt zurückgezogen hat. Kleinere, von Assange als unwichtiger erachtete Veröffentlichungen scheinen liegenzubleiben. Das liegt offenbar an der vorhandenen Manpower (auch und gerade nach dem Abschied mehrerer Mitsctreiter) und auch daran, dass man sich offensiv mit den USA anlegt, sich geradezu darauf eingeschossen zu haben scheint – mit allen negativen Konsequenzen, die das mit sich bringt. Damit aber geht der Grundgedanke, den viele mit dem Projekt verbunden haben, verloren: Eben eine Plattform für Veröffentlichungen zu sein, die jedermann offensteht.
Nach außen hin ist Wikileaks gerade im Zenit seiner Bekanntheit – und damit Macht. Leider führt eben diese Veröffentlichungspolitik, die die Plattform ins Rampenlicht gerückt hat, auch dazu, dass sie ihren eigentlichen Zweck nicht mehr erfüllen kann. Das Projekt ist tot. Es weiß es bloß noch nicht.
Mir macht derzeit noch am stärksten Punkt 2. Sorgen: Weil sich die doch insgesamt einseitige Ausrichtung auf die USA und „westliche“ Staaten auch als politische Positionierung lesen ließe, die das so „neutrale“ Wikileaks ja eigentlich vermeiden wollen müßte. Wobei ich mich schon frage, inwieweit dies ein hausgemachtes Problem ist, da Wikileaks nun mal ein „westliches“ Projekt ist und es möglicherweise an Kompetenz und auch schlicht Sprachfähigkeit fehlt, um Dokumente aus China, Rußland, dem arabischen Raum oder Afrika zu lesen und zu bewerten.
@rrho
„Weil sich die doch insgesamt einseitige Ausrichtung auf die USA und “westliche” Staaten auch als politische Positionierung lesen ließe, die das so “neutrale” Wikileaks ja eigentlich vermeiden wollen müßte.“
Aber was könnte denn da die unterstellte politische Positionierung sein?
Wikileaks als verlängerter Arm Chinas oder Russlands?
Dieses Argument wird wohl kaum jemand aus dem Ärmel ziehen wollen.
Es erscheint naheliegend, dass eine Personengruppe, die sich der Aufdeckung schmutziger Geheimnisse verschreibt, zuerst vor den Türen der eigenen Staaten kehrt, ohne dass sich dadurch irgendeine politische Aussage ergibt.
@Thomas
Doch, genau solche Unterstellungen halte ich für denkbar. Es gibt schließlich auf allen Seiten Spin-Doktoren, die kaum einen anderen Job haben, als derlei „Wahrheiten“ herzustellen.
Ich meine nur, daß sich Wikileaks darauf einstellen muß, daß solche Interpretationen ihrer Schwerpunkte möglich sind, auch wenn andere logischer erscheinen. Und davon abgesehen würde es mich wirklich brennend interessieren, was da in anderer Großmächte Giftschränken noch so an Dokumenten herumliegt.
1) Niemand kennt die echte Quelle. Kenne ich bei anderen skandalösen Artikeln dieser Blätter aber auch nicht, wenn sie geschützt wurde. Dann muss ich dem Redakteur vertrauen.
2) Die Fixierung auf die USA ist so leicht zu erklären wie die Warteschlangen vor Twilight-Filmen: Popularität. Kaum eine Weltmacht wird so heiß diskutiert. Abgesehen davon veröffentlicht Wikileaks auch viel Material aus anderen Ländern, nur kocht das dann nicht so hoch in den Medien. Die Menge kommt natürlich auch nicht an die US-Leaks heran. Wikileaks zielt auf „maximum impact“. Und den erreichen sie derzeit mit Material zur USA.
3) Instrumentalisierung der Medien: Jede beliebige Quelle instrumentalisiert doch dann die Medien, wenn sie die einzige Quelle ist. Halte ich für normal.
zu. 1: Bradley Manning wurde nicht über WL gefunden, sondern da er nachdem er sein Material an WL übergeben hatte, seinen Redebedarf nicht kontrollieren konnte und einen weiteren Journalisten (Adrian Lamo) ansprach – der hat ihn dann ausgeliefert.
Das ist der Grund warum ich mit solchem Material NUR zu WL gehen würde.
zu 2.: es kann daran liegen, dass die Sprache der Amis englisch ist. Ich glaube nicht, dass bei wikileaks etc. viele rumlaufen, die Mandarin oder Russisch sprechen. Wenn da dann einer 10.000 Dokumente übergibt, müssen die ja auch erstmal übersetzt werden. Wer weiß also schon, woran da gearbeitet wird.
3. wird ja teilweise schon in 4. beantwortet. Wenn dir einer 250.000 Dokumente gibt, was machst Du dan? Liest die alle einzeln durch? Natürlich holst Du Leute, die sich damit auskennen (Journalisten) und sagst „hier guckt mal durch, im Gegenzug exklusiv in eurem Land Veröffentlichung“
Verstehe nicht, wo da irgendwie bemerkenswert wäre. Das Lesen und Einordnen solcher Dokumente erfordert Zeit & Geld.
@ Frank: Sie müssen die Dokumente nicht notwendigerweise übersetzen. Im Gegenteil, sie belassen das Material meist so unberührt wie möglich. Einer der Gründe, warum sie sich anfangs auch gegen das Entfernen der Namen der Informanten gewehrt hatten, IMHO. Sie wollten das Ursprungsmaterial nicht verändern.
Material in Mandarin ist für Leute die Mandarin sprechen sicherlich sehr interessant. Dieser aktuelle Leak nutzt als Rohmaterial auch nur denen, die Englisch sprechen.
[…] zu hoffen, dass die Probleme von Wikileaks[7] nicht überhand nehmen, und dass Wikileaks tatsächlich zur Schreckensvision von John Kornblum und […]
Wenn man sich die Mühe gibt und einige von diesen so brisante Geheimdokumente durchliest ist es ungefähr so spannend zu lesen als Apotheker Rundschau. So what?
Kurzer Hinweis: Der aktuelle Regierungssprecher und ehemalige Journalist heißt Steffen Seibert.
Ansonsten finde ich Deine Fragen richtig und wichtig. Und die Frage, warum die Daten nicht auch aus China, Iran, Zimbabwe, Kolumbien, Argentinien usw. kommen, ist für mich eine entscheidende.
Danke für den Hinweis auf den Fehler beim Vornamen, ist korrigiert.
@ Sebastian: Weil die USA nicht dementiert hat. Mit keinen Wort wird gesagt „das sind nicht unsere Daten“. Das ist schon ein sehr entscheidender Grund für die Echtheit.
„So sehr sich Spiegel, NYT oder andere Zeitungen sich für die Veröffentlichung feiern lassen (und finanziell profitieren),“
Ist es denn so, dass die Auflagen/Verkäufe mit den Berichten über Wikileaks deutlich höher ausfallen als die ohne? Gibt es da Zahlen?
„Woher die Daten stammen? Keiner weiß es. […] Aber dennoch muss ein schaler Geschmack zurückbleiben, weil man die Quelle nicht kennt.“
Zumindest ich als passiver Konsument weiß doch sowieso nie woher irgendwelche Veröffentlichungen stammen. Ich verfüge normalerweise auch gar nicht über die Möglichkeit, erkennen zu können ob sie falsch/verändert sind bzw. schaffe dies höchstens in Ausnahmefällen zuverlässig. Für mich als Leser gibt es hier keinen Unterschied. Den anonymen Quellenschutz muss es sowieso immer geben, andernfalls könnte so gut wie niemand irgendetwas leaken.
Den gleichen Kritikpunkt könnte man doch genauso wirklich jedem veröffentlichten Zeitungsartikel anheften?
„Wenn es denn eine Quelle von außen gibt und die Sache nicht ein “Inside Job” von Wikileaks war, scheint diese Quelle mehr Vertrauen zu Wikileaks zu haben, als zu irgendeinem Verlagshaus auf der Welt.“
Wieso sollte eine Quelle dies auch anders sehen? Nach dem bekannten Verhalten von Wikileaks in der Vergangenheit weiß doch jetzt jeder, dass es durchaus „funktioniert“, wenn man etwas an diese Organisation gibt. Gleichzeitig weiß man, dass Wikileaks mit verschiedenen bekannten Zeitungen zusammen arbeiten wird. Man erreicht als Quelle mit dem Material also eine viel größere Verbreitung, wenn man es gleich an Wikileaks gibt, als nur an eine einzige dieser Zeitungen.
„2. Die Fixierung von Wikileaks auf die USA“
Diesem Punkt möchte ich eigentlich komplett widersprechen. Zum einen, weil Wikileaks in der Vergangenheit durchaus schon Leaks brachte, die nichts (oder höchstens noch nebensächlich) mit den USA zu tun hatten und zum anderen, weil Wikileaks es doch wohl kaum in der Hand hat, was ihnen zugespielt wird. Gib ihnen Daten über die deutsche Bundesregierung und die werden diese dann ebenfalls veröffentlichen, genauso wie Daten über den Krieg im Irak.
„Wer ist im Veröffentlichungspool, wer nicht?“
Da jeder von jedem abschreibt, und Wikileaks die Daten sowieso komplett ins Netz stellt, sehe ich das recht anders. Es geht ja eben darum, dass die Daten von diversen Leuten schon gesichtet werden und also hoffentlich möglichst direkt etwas gehaltvolles dazu geschrieben werden kann. Es ist nur normal, dass man nie allen vertraut. Wenn sich eine Zeitung bereits als zuverlässig herausgestellt hat, dann geht man auch beim nächsten Mal wieder so vor.
Wäre ich als Quelle von einem Reporter gut behandelt worden, dann würde ich auch mit einer neuen Information wieder zu dieser gleichen Person gehen.
„Hätten sie alles veröffentlicht? Oder nur die harmlosen Teile, während man brisante Teile in den Giftschrank gelegt hätte? “
Spricht das nicht sehr für den Weg, den Wikileaks gegangen ist? Außerdem: Dadurch das sie es gleich 3 Gruppen gaben, haben sie sichergestellt, dass ein gewisser Druck da ist, alles veröffentlichen zu müssen, weil es andernfalls dazu kommen könnte, dass eine andere Zeitung mehr veröffentlicht und die Seite, die Daten zurückhielt, dann plötzlich schlecht dasteht.
„Gleichzeitig macht die Allianz aber auch deutlich, dass das Internet weit davon entfernt ist, dass die klassischen Medien ersetzen zu können. “
Es ist selten sonderlich geschickt, konstruktive oder sonstwie positive Hilfe/Unterstützung abzulehnen. Hätten sie das tun sollen, nur um um jeden Preis alles alleine zu machen?
Allein schon der Schutz der daraus entsteht. Wenn diverse Seiten es veröffentlichen, kann man nicht so ohne weiteres seinen kompletten Zorn nur auf Wikileaks richten und meinen, das Problem sei aus der Welt, wenn man nur diese eine Plattform beseitigt. Andere haben die Sachen dann ja auch.
„Es zeigt auch, dass eine große, gut ausgebildete Redaktion nötig ist, die Daten überhaupt analysieren und einschätzen zu können. “
Genau, also ist es doch gut, dass sie so vorgegangen sind. Ein paar Leute sind doch völlig überwältigt, von solch einer Datenflut.
[…] Wikileaks und die Medien Irgendwas ist ja immer — So amüsant die Lektüre der wenigen, bisher von den Medien aufgearbeiteten Dossiers aus der neuesten Veröffentlichungsorgie von Wikileaks auch ist, so sehr kommen mir da einige Dinge etwas zu kurz. mehr ? […]
[…] von wikileaks ist das Ganze meines Erachtens nach aber noch ein Stück größer und wird bislang nur selten angemerkt. Deshalb sollten die kritischen Maßstäbe auch an wikileaks und deren […]
Hallo,
„was nicht sein soll auch nicht sein darf“ oder wie darf ich den Artikel verstehen? Das ist zu banal: einfach die Quelle anzweifeln, wenn es nicht passt, um so Informationen zu diskreditieren. Umgekehrt gehts auch: erstmal beweisen, dass die Quellen nicht stimmen, dann können die Infos angezweifelt werden. Stimmen denn die Quellen immer oder entspricht es perse der Wahrheit, wenn Regierungen Informationen verbreiten?
Die Mautverträge oder die Ratiopharm-Akten würde wikileaks heute nicht mehr veräffentlichen. Schon seit fast 2 Jahren kann man keine deutschen Dokumente mehr einreichen. Wikilieaks ist zum Projekt eines Größenwahnsinnigen geworden. Unter „die Geschichte verändern“ macht es Wikileaks nicht mehr. Das verspricht Aufmerksamkeit, aber trägt eben nicht zur Transparenz und zur Schaffung eines sicheren Datenhafens bei. Im Grunde Boulevard auf hohem Niveau. Der tägliche Filz und die üblcihe Korruption kann munter weiter gehen.
[…] Ist zwar nicht meines, aber das hier könnte glatt mein Fazit der Wikileaks-Geschichte sein. Und zu guter Letzt sollte man auch noch das hier lesen. […]
Viel wurde ja schon von einigen Vorkommentatoren geschrieben.
Insgesamt finde ich schade, dass du dich wohl kaum mit wikileaks insgesamt beschäftigt hast, sondern hier, quasi als Blogger-Subtonlage, mal ein wenig mainstream-Meinung abspultst.
Selbst die Depeschen, die ich persönlich für die am wenigsten fokussierte und interessanteste Veröffentlichung halte, enthalten gute Hinweise, mit denen Journalisten oder anderweitig Interessierte neue Fragen stellen und Artikel schreiben können.
Dann die „Kritik“ wikileaks braucht die Printmedien. erstens wurden die Files auch z.B. CNN angeboten. Zweitens muss man hier wohl konstatieren, das nach wie vor gilt „Wie man’s macht, ist es verkehrt.“ Das ganze aktive Einbinden von Printmedien war ja als notwendig gesehen worden in früherer Kritik, weil gute Leaks teilweise nicht in der Breite aufgenommen wurden.
Ich kann nur hoffen, dass das wikileaks-Archiv bald wieder online ist, damit auch Spät-Zugestossene sich ein breiteres Bild über die geleakten Files rund um den Globus ein Bild machen können. Ich persönlich fand das Leak über die Krankenversicherungen in Deutschland ja ganz spannend – das wurde z.B. von keinem Journalisten hierzulande aufgenommen und verarbeitet.
Kann daran liegen, dass es vor „Colleteral Damage“ war, kann auch einfach daran liegen, dass die meisten Journalisten von ihren Verlegern, Chefredakteueren oder ÖR-Räten mittlerweile kastriert wurden.
PS: Ein bisserl Privatkrieg zwischen Assange und USA kann man sicher unterstellen. Aber wie würde es dir gehen, wenn eine Supermacht ihren Apparat anwirft und mit allen sauberen und vorallem dreckigen Methoden anfängt gegen dich vorzugehen?
Ein wenig mehr kritischer Respekt vor der wikileaks-Community ist also auch in der deutschen Blogosphäre angebracht.
[…] always frankly and in the public view.Dass es aber auch berechtigte Fragen und Vorwürfe gibt zeigt Don Dahlmann.Wer sind die Quellen? Man kann mit Wikileaks auch wunderbar Politik machen, indem man Staaten […]
Ich sehe schon einen Unterschied beim Quellenschutz von Wikileaks und dem von redaktionellen Medien:
Um den Wert von Informationen beurteilen zu können, muss man die Quelle kennen. „Cablegate“ ist da ein gutes Beispiel: Solange ich nicht weiß, woher die Dokumente genau stammen, kann ich nicht beurteilen, welchen Wert sie überhaupt haben. Stammen sie von den Botschaftern höchstpersönlich oder sind es nur die Einschätzungen einfacherer „Sachbearbeiter“? Aus welchem Pool wurden die Dokumente entnommen und wer hat da noch Zugriff drauf – wie „geheim“ sind die Informationen überhaupt?
Wenn redaktionelle Medien eigene Quellen haben, kennen sie die Antwort auf diese Fragen und können sie bei ihrer Auswertung berücksichtigen. Wenn aber nur Wikileaks die Quelle kennt und diese niemandem – auch nicht den kooperierenden Medien – preis gibt, dann hat das Auswirkungen auf die Aussagekraft der Informationen.
Und auch den vierten Punkt finde ich sehr wichtig: Vertrauliche Dokumente sind nicht immer deshalb vertraulich, weil sie besonders sensible Informationen enthalten. Mit der Klassifizierung wird auch Vertrauen geschützt. Wenn ein Diplomat Informationen unter der Hand gesteckt bekommt, muss er diese Informationen schon deshalb vertraulich behandeln, weil er andernfalls das Vertrauen seiner Quelle verliert. Genau das ist aber durch diesen Leak jetzt passiert. Und das wird Auswirkungen haben, die nicht mE im Interesse der Öffentlichkeit sind. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, was da für Informationen geleakt wurden. Zumindest für Deutschland ist das alles nichts Spektakuläres – das meiste konnten wir so in den Zeitungen lesen. Die Öffentlichkeit hat also nicht viel davon – der Vertrauensschaden auf der anderen Seite ist aber enorm.
Ich bin ein großer Freund von mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen. Aber Transparenz ist kein Selbstzweck. Sie muss der Öffentlichkeit und der Demokratie dienlich sein. Ist sie das nicht und hat sie sogar eher schädliche Auswirkungen, muss mE die Geheimhaltung der Transparenz vorgehen. Auch Wikileaks muss da eine Abwägung vornehmen. Ich meine, dabei haben sie in diesem Fall zumindest in Teilen versagt.
@ Adrian: Warum machst du einen Unterschied zwischen Wikileaks und redaktionellen Medien was das angeht? Auch Wikileaks macht vorher eine Echtheitsprüfung und versucht, diese Fragen zu klären.
Die Konsumenten von „redaktionellen Medien“ vertrauen auf die Redakteure. Woher stammt das Vertrauen? Aus Erfahrungen, dem großen Namen, dem Image des selbstlos arbeitenden Journalisten, der alles tut um der Wahrheit gerecht zu werden.
Niemand kann mir bescheinigen, dass die Redakteure der redaktionellen Medien kompetenter sind, als die Prüfer bei Wikileaks. Es sind Annahmen. Es ist ein Image. Warum sollte Quellenschutz jetzt bei Wikileaks was anderes sein?
Ich bezweifle stark, dass all die Fragen, die du angeführt hast, in redaktionellen Medien immer beantwortet werden. Es gibt da doch keine Transparenz. Es gibt nur Moral, Vertrauen und Image.
Die redaktionellen Medien sind immer in der Rolle eines Zwischenhändlers. Wikileaks ist nur ein weiterer Zwischenhändler, ein Puffer zwischen der Quelle und den redaktionellen Medien. Ich sehe nicht, wieso nun die Quelle – deren Rolle mit oder ohne Wikileaks gleich ist – weniger schützenswert sein sollte.
Im Zweifel bleibt es doch den redaktionellen Medien überlassen, wie sehr sie Wikileaks vertrauen. Die Redaktionen reiben sich die Hände, wenn Wikileaks einen neuen Leak ankündigt. Ich denke nicht wirklich, dass sie da eine Konkurrenz sehen, die aus dem Feld geschafft werden sollte. Dazu verdienen sie zu gut mit dem was Wikileaks zu Tage fördert.
Wikileaks gab das Material exklusiv den großen Redaktionen. Alles was danach passierte, ist der gewohnte Gang. Die Redaktionen haben jede Gelegenheit, die Echtheit der Dokumente zu bestätigen oder das Gegenteil zu beweisen, haben ebenso die Wahl, die Berichterstattung wegen Zweifeln sein zu lassen. Tun sie aber nicht. Es ist doch nahezu perfekt: Über das brisante Zeug berichten können, ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Die redaktionellen Medien haben so einen Rattenschwanz an Abhängigkeiten gegenüber Politik und Wirtschaft, dass sie träge, feige und unflexibel geworden sind. Hier springt Wikileaks in die Bresche.
Ich sage das unabhängig vom Inhalt des letzten Leaks. Ich gehe damit hauptsächlich auf die allgemeinen Aussagen in deinem Comment ein.
@Tim
„Die Mautverträge oder die Ratiopharm-Akten würde wikileaks heute nicht mehr veräffentlichen. Schon seit fast 2 Jahren kann man keine deutschen Dokumente mehr einreichen. “
Ist das wirklich so? Haben sie das mal irgendwo öffentlich gesagt? Und wenn dem so ist, kennt man Gründe? Vielleicht liegt es ja nur daran das sie keine deutschsprachigen Leuten zur Hand haben, oder nicht genug. In dem Fall können sie die Dokumente leider gar nicht bearbeiten.
—
Alle weiteren Quotes von „Adrian“
„Um den Wert von Informationen beurteilen zu können, muss man die Quelle kennen.“
Nicht unbedingt. Die Quelle, ist doch nur ein Faktor (von vielen) der bestimmt, ob die Daten „echt“ sind. Selbst wenn man die Quelle kennt, kann diese aus vielerlei Gründen lügen oder selbst getäuscht worden sein.
Exakt aus diesem Grund muss jede wirkliche Überprüfung der Daten ohnehin erfolgen, ohne sich primär auf die Quelle zu versteifen. Es ist naiv, zu glauben etwas sei nur deshalb korrekt, weil eine bestimmte Person etwas behauptet. Jedenfalls wenn es wirklich um die objektive Aufklärung eines Sachverhaltes geht.
Wenn man so denkt, zeigt sich, dass es eben wirklich nur eine untergeordnete Rolle spielt, wer nun die Quelle war.
„Wenn redaktionelle Medien eigene Quellen haben, kennen sie die Antwort auf diese Fragen und können sie bei ihrer Auswertung berücksichtigen.“
In einer perfekten Welt vielleicht. In unserer… Medien sind immer mindestens vom Zeitdruck getrieben, etwas vor der Konkurrenz auf dem Markt zu haben. Das beißt sich natürlich mit dem Anspruch, möglichst gründlich zu recherchieren. Vorausgesetzt sie wollen/können das überhaupt.
„Wenn aber nur Wikileaks die Quelle kennt und diese niemandem – auch nicht den kooperierenden Medien – preis gibt,“
Würden sie das tun, wäre das ja bereits ein Verrat – und niemand würde jemals wieder (zu Recht) Wikileaks etwas anvertrauen. Wikileaks kann ja keine Verantwortung dafür übernehmen, dass kooperierende Medien ebenfalls komplett dicht halten, die sind ja bereits eine andere Gruppe.
„Wenn ein Diplomat Informationen unter der Hand gesteckt bekommt,“
Wenn ein Diplomat vertrauliche Informationen unter der Hand gesteckt bekommt und diese als erstes überall elektronisch niederschreibt und an möglichst viele Leute verschickt, so dass es garantiert überall aktenkundig wird, hat es nicht verdient, dass man ihm vertrauliche Informationen gibt. Sowas merkt man sich dann z.B. im privaten Kopf und setzt vielleicht noch die engsten Vertrauten in Kenntnis.
„Genau das ist aber durch diesen Leak jetzt passiert. Und das wird Auswirkungen haben, die nicht mE im Interesse der Öffentlichkeit sind. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, was da für Informationen geleakt wurden. Zumindest für Deutschland ist das alles nichts Spektakuläres“
Das ist ein Widerspruch. Es kann wohl schlecht der Fall sein, dass die Daten so top-wichtig sind, dass Quellen für Diplomaten diesen jetzt keine Informationen mehr zuspielen, während es gleichzeitig nichts spektakuläres ist, dass sowieso niemanden interessiert.
Du sprichst außerdem davon das es dadurch jetzt bereits passiert ist – welche Diplomaten bekommen denn jetzt keine Informationen mehr anvertraut?
Also in meinem Interesse ist es durchaus, solche Daten zu publizieren. Die kochen halt auch nur mit Wasser, wie es so schön heißt. Ich wette die Daten enthalten noch viel brisantere Dinge, als nur Beurteilungen zu Merkel und Westerwave. Es spricht halt gegen die veröffentlichenden Medien, dass es trotzdem das ist, worauf sie sich versteifen. Ich gebe der schleichenden „Boulevardisierung“ aller Veröffentlichungen die Schuld daran. Das Saudi-Arabien wollte/will, dass die USA den Iran angreifen fand ich auch deutlich brisanter – aber die Medien titeln eben trotzdem überwiegend mit dem Gesicht von Westerwelle, den die Sache offenbar so getroffen hat, dass ihm sogar kurz das Grinsen aus der Fresse geschlagen wurde. Das spricht primär alles nur gegen die Qualität unserer Medien, nicht aber zwingend gegen die Qualität der Daten.
„der Vertrauensschaden auf der anderen Seite ist aber enorm.“
Also mein Vertrauen steigt immer enorm, wenn ich sehe wie Prozesse tatsächlich und konkret ablaufen. :)
„Ich bin ein großer Freund von mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen.“
Man merkts. :D
„Aber Transparenz ist kein Selbstzweck.“
Das ist aber halt die Zielsetzung von Wikileaks. Sie veröffentlichen nur, sie bewerten nicht. Ein Editorial bringen sie eigentlich nur durch kleine Details wie Überschriften. So wie sie damals das berühmte Video, in dem Unschuldige von einem US-Helicopter aus getötet wurden, mit „Collateral Murder“ versahen. Es liegt am Einzelnen, wie er es für sich interpretiert.
„Ich meine, dabei haben sie in diesem Fall zumindest in Teilen versagt.“
Ich glaube generell nicht daran, dass man bei etwas versagen kann, dass man nie versucht hat. :P
@ RC:
Laut einem Interview mit Assange:
http://blogs.forbes.com/andygreenberg/2010/11/29/an-interview-with-wikileaks-julian-assange/
…ist deren Veröffentlichungspipeline einfach randvoll. Die haben mehr Stuff als sie veröffentlichen können, deswegen wird das mit maximum impact priorisiert. Sie haben also potentiell auch deutsches Material. Die alte Form von Wikileaks (Archiv, viele Veröffentlichungen anstatt von wenigen großen) soll wiederkommen.
[…] DonDahlmann "Wikileaks und die Medien" – Der Autor geht auf die Quelle und deren Bewertung, Fixierung von Wikileaks auf die USA, die Instrumentalisierung der Medien ein und stellt die Frage, ob die Dossiers ohne Wikileaks veröffentlicht worden wären. […]
@laZee
Uh, tolles Interview. Danke!
Wenn die Menschen, die Dokumente an Wikileaks oder Medien weitergeben, mit dem Tod bedroht werden, so wie hier, http://huff.to/hxgk8O , dann ist es richtig und wichtig, dass diese Quellen anonym bleiben. Dafür gibt es ja den Quellenschutz.
Huch. Das ist ja schlicht:
– „feiern lassen (und finanziell profitieren)“ – ja, das hat seinen Preis, die Dokumente a) verständlich, b) kuratierend und c) auch im Netz deutlich effizienter und informativer darzustellen, als Wikileaks das tut und könnte. Was kommt als nächstes Posting: Wer Musik kauft, ist ein Kapitalistenschwein? Sei mal nicht so 1999artig.
– „muss ein schaler Geschmack zurückbleiben, weil man die Quelle nicht kennt“. Ja. Was immer das heißt. Bitte mal googeln: Watergate.
– „welchen Grund es wohl haben mag, warum sich die Quelle nicht direkt an sie gewandt hat“ – tja: Erreichbarkeit? Gelegenheit? Fehlende Kontakte? Sprachbarrieren? Die Möglichkeit, einer auf Virtalität spezialisierten Organisation etwas zu stecken, statt in einem bricks-and-mortar-Verlagshaus erst über die Telefonzentrale gehen zu müssen? Kann sein. Sagt das inhaltlich etwas? Eher nicht.
– „Fixierung auf die USA“ Vielleicht liegt’s daran, dass die Quelle der drei großen Veröffentlichungen ein Mann war, genau: ein US-Amerikaner (wäre doch praktisch, wenn man vor sechs Monaten mal „Wired“ gelesen hätte).
– „Zumindest in Deutschland ist bekannt, dass der politische Journalismus und die Politik eng verzahnt sind.“ Aua. Allein schon „ist bekannt“ ist bekanntlich eine Formulierung, die zur Faktenvermeidung eingesetzt wird. Weil der Autor, dem kein Faktum einfällt, davon ausgeht, dass der Leser sich selbst gegenüber kaum zugeben wird, nicht mit dem bekannt zu sein, was als bekannt vorausgesetzt wird. Wie auch immer: Ja, Journalisten werden mitunter Pressesprecher. Was sagt das zu Wikileaks? Genau.
Insgesamt: Ohne Verschwörungstheorieduktus wär’s vielleicht was geworden. So ist es nichts. Und ich wundere mich, ehrlich gesagt, warum die Jungs bei Bildblog.de hierher verlinken.
@TheBud
Genau, mal „Watergate“ googeln. Die Quelle „Deep Throat“ war Woodward schon vor dem Skandal persönlich bekannt.
Zum Rest sage ich mal lieber nichts, mit ein wenig nachdenken kommt man aber weiter.
[…] welcher Natur diese Informationen sein werden. Für weitere kritische Betrachtungen kann ich den Beitrag «Wikileaks und die Medien» vom Blog Irgendwas ist ja immer – Reloaded […]
[…] http://www.denissimonet.ch/2010/12/02/uber-julian-assange-wikileaks-und-cablegate/ http://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/der-wikileaks-chef-und-seine-schweizer-partner-102060719 http://www.piratenpartei.ch/node/414 http://www.denissimonet.ch/2010/11/10/quellenschutz-auch-fur-kommentare/ http://www.rp-online.de/wirtschaft/news/Wikileaks-und-der-Sumpf-der-US-Geldhaeuser_aid_937478.html http://www.rp-online.de/wirtschaft/news/boerse/Aktien-von-US-Grossbanken-brechen-ein_aid_937018.html http://www.dondahlmann.de/?p=760 […]
[…] http://de.rian.ru/opinion/20101201/257792554.html (Kommentar von russischer Seite) http://www.dondahlmann.de/?p=760 http://www.denissimonet.ch/2010/11/27/spiegel-online-der-leak-vom-leak/ […]
Interessant ist ja, wie alle journalistischen Unternehmen dem Wikileaks-Hype folgen müssen.
Es geht zunächst um die Grundwerte des Journalismus, vor allem die Pressefreiheit und das Recht, auf zu klären.
Dabei wird gleichzeitig auf anderer Ebene deutlich, wie unfrei der Journalismus ist und in der eigenen Meinungsbildung abhängig, weil das Journalismuswesen eigene „Prozess-Gesetze“ hat, die seine „Freiheit“ und seine Möglichkeiten aufzuklären ungemein einschränken.
[…] die Informationen erhalten haben unterstrichen, was Don Dahlmann unter der Überschrift “Instrumentalisierung der Medien” kritisiert. Ist auch berechtigte Kritik – aber: Lasst Organisationen wie Wikileaks […]