Ich will den Spaß ja nicht verderben, aber die Euphorie in Sachen Ägypten halte ich für etwas übertrieben. Und das aus mehreren Gründen.
1. Mit Mubarak ist nicht das System zurück getreten. Ägypten hat nach seinem Abschied aus dem britischen Empire, nie eine Demokratie gehabt. Bis 1952 war es ein Königreich, dass dann vom Militär gestürzt wurde. Seit dem hat man ausschließlich Präsidenten erlebt, die aus dem Militär kamen. Eine Ausnahme war Anwar al Sadat, der weit nach seiner Zeit als aktiver Soldat Präsident wurde. Er wurde 1981 während einer Militärparade von islamistischen Attentäter erschossen. Mubarak, der neben ihm saß, kam unverletzt davon und wurde sein Nachfolger.
2. Das politische System, das fast ausschließlich auf dem Militär aufbaut, ist also in 60 Jahren gewachsen, und man kann sich vorstellen, dass in einer Präsidialrepublik die Seilschaften und Abhängigkeiten etc. dementsprechend ausgebildet sind. In der Regierung befindet sich kein Mitglied mit Einfluss, das nicht dem Militär oder dem Geheimdienst angehört. Jetzt wird Ägypten vom Militär und dem Chef des Geheimdienstes geführt.
3. Die Geschichte hat gezeigt, dass Revolutionen meist nur dann erfolgreich sind, wenn man auf dem Weg auch das bisher herrschende System abschaffen kann. Bisher hat sich das System nur von Hosni Mubarak entledigt. Systeme neigen in Zeiten von Krisen dazu, kurzfristige Opfer zu begehen, um sich selbst zu schützen. Es wäre eine Überraschung, wenn das System nun sich selbst deinstallieren würde, zu mal es sich dann auch den rechtlichen Verantwortung für begangene Taten stellen müsste.
4. Demzufolge wird es allein aus diesen Gründen schwer eine Demokratie nach westlichen Vorbild zu installieren. Es handelt sich bisher um einen symbolischen Einschnitt. Man wird abwarten müssen wann, ob und in welcher Form das Militär Gespräche mit der weitestgehend unorganisierten Opposition aufnehmen wird und welche Bereiche überhaupt besprochen werden können. Ob es zu einer grundsätzlich neu gestalteten Verfassung kommt, oder ob man die Gespräche hinzieht, vielleicht das Parlament stärkt, die Strukturen des Systems aber im großen und ganzen unangetastet lässt.
Dass, was das ägyptische Volk in den letzten 18 Tagen geleistet hat, ist bemerkenswert, weil man gerade in Ländern dieser Region nicht mit einer friedlichen Revolution rechnen würde. Es hat sich emanzipiert und stellt zu Recht Forderungen, die Verfassung und das Regierungssystem zu verändern. Dennoch steht man erst am Anfang einer langen Übergangszeit, die das Land noch sehr lange beschäftigen wird.
5 Antworten zu „Eine Diktatur ist eine Diktatur“
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[…] westler ein wenig staunen. und uns fürchten vor dem, was da noch kommen mag. denn natürlich hat don recht, wenn er schreibt: Man wird abwarten müssen wann, ob und in welcher Form das Militär […]
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Schon wahr. Trotzdem war es ein notwendiger erster Schritt und die Macht, mit der dieser erste Schritt getan wurde, ist beeindruckend. Das macht mir schon ein bisschen Hoffnung und in so manchem osteuropäischen Land hat es ja auch ganz gut funktioniert und da war die Situation so anders nicht.