Sicherheitslücke! Tod! Verderben!

Ja, Facebook ist in Sachen Datensicherheit nicht gerade Spitzenreiter und muss dringend nachbessern. Und es dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben, dass der Dienst gerne und viel Daten sammelt. Aber ich kann es nicht mehr hören, dass bei jedem Kleinscheiss von einer „Sicherheitslücke“ gesprochen wird. Wenn man Mailadressen auf welchem Wege auch immer zufällig, mit oder ohne bösen Willen bei Facebook angezeigt bekommt, muss man nicht gleich mit beiden Händen ins Empörungstöpfchen greifen. Mailadressen! So lange ich mich nicht mit der lustigen „GeilerGolffahrer34“ Mailadresse bei Facebook oder sonst wo angemeldet habe, kann mir das alles unfassbar egal sein. Mailadressen sind Mailadressen. Keine Personalausweisnummer, keine Sozialversicherungsnummer, sondern Mailadressen. Dass mit der Anmeldung unter falschen Namen klappt im übrigen bei dem jedem Dienst, auch bei deutschen Anbietern wie Xing. Man nehme einen beliebigen Namen, suche dazu das passende Foto, lege irgendwo eine Mailadresse zu, gebe ein paar Arbeitgeber ein und schon bekomme ich bei in der Rubrik „Mitglieder, die Sie kennen könnten“ gleich haufenweise bestehende oder ehemalige Kollegen angezeigt. Ach so, das ist Identitätsdiebstahl und damit strafbar? Vielleicht hätte man das dem Autor der FAS auch mal sagen sollen.

„Aber… aber… man kann da auch Mailadressen von Nicht-Mitgliedern sehen, das ist doch skan-da-lös!“ Es gibt im Internet Webseiten wie yasni oder 123people, die zeigen sogar die Mailadressen von Leuten an, die gar nicht wissen, dass es yasni oder 123people gibt. Einwohnermeldeämter verscherbeln viel aussagekräftigere Adressdaten sogar gleich en gros. Dienste wie ewoma.de bieten das auch für Privatpersonen an. Das wäre eine Empörung wert, aber doch nicht, wenn eine Mailadresse im Netz auftaucht. Wenn ich in irgendein Formular irgendwo im Internet eine Mailadresse hinterlasse, dann kann ich bis Drei zählen, und schon wird die Mailadresse zusammen mit Millionen anderen Adressen verkauft sein. Es ist allerhöchstens unter bestimmten Umständen eventuell ein Grund, warum man sich für Anmeldungen auf irgendwelchen Webseiten eine Extra-Mailadresse zulegen sollte. Das ist gar nicht so schwer, selbst wenn keine Ahnung hat. Es gibt 23 Fastrilliarden Mailanbieter auf der Welt, bei denen man einfach so eine Mailadresse unter falschem Namen (!!!einself) anlegen kann. Auch das Auslesen des Adressbuches sollte man sich überlegen, was aber logisch ist. Ich tapeziere ja auch nicht meine Fenster mit Seiten aus meinem Adressbuch. Und selbst wenn ich sehen kann, mit welchen Menschen irgendwer befreundet ist, was sagt das aus? Ich habe bei Facebook 830 „Freunde“. Viel Spaß beim Entflechten, mit wem ich tatsächlich befreundet bin.

Daten speichert und verteilt im übrigen auch die FAZ, wie man in der Datenschutzerklärung lesen kann. Und die ganze Aufregung um Mailadressen kommt aus einem Verlag, der Mitglied beim BDZV ist, der sich wiederum vor zwei Jahren massiv dafür eingesetzt hat, dass der Adresshandel der Verlage nicht unterbunden wird, weil sonst die Pressefreiheit gefährdet sei. So viel Dreistigkeit besitzen nicht mal Google und Facebook zusammen.

11 Antworten zu „Sicherheitslücke! Tod! Verderben!“

  1. UND DANN MUSS ICH HIER IM KOMMENTARFELD AUCH NOCH MEINE E-MAILADRESSE ANGEBEN! EINS_ÖLF!

    Nein, muss ich natürlich nicht. Sehr guter Post, sehr auf den Punkt. Als ob die Leute wüssten, was Sie da im Netz tun.

  2. Habe letztens erlebt, wie sich ein Mädchen mit ihrem neuen Personalausweis ablichtete und das hochaufgelöste Foto in ihrem Fashionblog reinstellte.

  3. @Alex: Ich bin in Deiner Webcam und kann Dich sehen!!!!

    @Ngai: Ja, das ist dann schon richtiges Expertentum :)

  4. janw

    Man, Google ist heute echt hilfreich!!!111

    Ist „Fastrilliarden“ eine Eigenerfindung von dir???

    http://www.google.de/search?hl=de&source=hp&q=fastrilliarden&meta=&aq=f&oq=fastrilliarden

  5. Xime

    Ein typisch pseudo-lässiger Kommentar eines Facebook-Junkies, der jeden Bezug zur realen Welt verloren hat. Hier geht es nicht um E-Mail-Adressen sondern um Identitäten. In der Welt von Euch Lobo-Jüngern ist das ganze ja ein Salat – Privatsspähre gibts nicht mehr. Eine E-Mail-Adresse ist für Euch Neo-Nerds schon eine Identität. Und wenn jemand aus eurem Email-Adressbuch euch bei Fakebook kontaktiert, dann stellt ihr doch wohl nicht in Frage, dass es sich tatsächlich um den Halter der E-Mail-Adresse handelt. Der vorgegebene Halter kann dann schön Informationen über anderen Personen o.ä. über euch herausbekommen und dann ggf. eure „Freunde“ erpressen oder sonst was. Es gibt da ganz viele witzige Möglichkeiten, aber das intellektuelle „Share-It“-Format des durchschnittlichen Netznutzers reicht für solche Gedankenkonstruktionen gar nicht mehr aus. Selbst dieser Text war schon zu lang, deshalb lebt mal schön weiter in eurer schönen neuen Welt…

  6. Angesichts der Impressumspflicht haben zumindest Blogbetreiber schon mal ganz schlechte Karten, was den Schutz ihrer Daten betrifft. Aber das nur am Rande.

    Im Grunde nervt mich die Facebook-Datenschutz-Kritik nur noch. Wer nicht von gestern ist, der weiß mittlerweile, was da läuft und muss sich darüber im klaren sein, dass man so etwas nie verhindern können wird. Das Netz ist nicht regulierbar, da können sich Datenschützer, Verbände und Nutzer noch so sehr echauffieren. Jede Freiheit ist eine riesige Chance, aber sie kann leicht ausgenutzt und missbraucht werden. Und Verantwortung? Verantwortungsbewusstsein endet meist da, wo die Kasse zu klingeln beginnt.

    Die einzige Möglichkeit, Missbrauch und Datenweitergabe zu verhindern, ist, den Datenverwaltern (wie Facebook) mehr Geld für die Datensicherheit anzubieten als die, die es auf unsere Daten abgesehen haben. Wollen wir das? Ich glaube nicht.

  7. […] Sicherheitslücke! Tod! Verderben! “Daten speichert und verteilt im übrigen auch die FAZ, wie man in der Datenschutzerklärung lesen kann. Und die ganze Aufregung um Mailadressen kommt aus einem Verlag, der Mitglied beim BDZV ist, der sich wiederum vor zwei Jahren massiv dafür eingesetzt hat, dass der Adresshandel der Verlage nicht unterbunden wird, weil sonst die Pressefreiheit gefährdet sei. So viel Dreistigkeit besitzen nicht mal Google und Facebook zusammen.” […]

  8. Die Facebook-Datenschutz-Kritik kann gar nicht genug thematisiert werden. Der User wurde ja nicht immer vor Tatsachen gestellt, wenn es um die Behandlung seiner Daten geht, eigentlich erst mit dem aufkeimen der Diskussionen. Und es geht bei Facebook ja nicht nur um Datenschutz, sondern auch um Urheberrecht.
    Die Kritik ist deshalb wichtig, damit der Otto-Normal-Verbraucher (immer wieder ein toller Ausdruck) für solche Vorgänge im Internet sensibilisiert wird. Der User soll ja schließlich selbst entscheiden was er preisgibt und nicht eines Morgens sein Urlaubsfoto an der Bushaltestelle sehen.
    Bei Facebook und Konsorten und den ganzen „nervigen“ Diskussionen geht es letztlich auch nicht um die Weitergabe der Email-Adresse, sondern um den Mangel an Transparenz gegenüber dem User…

  9. @Don: Wie, Du bist in meiner Webcam? Wink mal!

  10. @Freizeitler: Doch man kann die Facebook-Datenschutz-Kritik sehr wohl genug thematisieren. Zumindest in Deutschland rotieren die Medien inkl. Blogs in Endlosschleife. Jeder weiß inzwischen, dass Herr Zuckerberg eine personifizierte Datenschleuder ist.

    Im Juli nutzten 10 Mio. Deutsche Facebook. Kurz zuvor hat Ilse Aigner demonstrativ ihr Profil gelöscht. Jeder hat gewusst wieso. Es ging wieder durch alle Medien. Aufklärer, Mahner und Warner waren allerorts unterwegs.

    Ende September meldete Facebook dann über 11 Mio. Nutzer.

    Man kann also sagen, die Menschen nutzen Facebook und nehmen die bekannten Risiken in Kauf. Anders kann man Facebooks Wachstum nicht erklären.

    500 Mio. Nutzer weltweit. Trotz der massiven Kritik. Ich setze an dieser Stelle einen Fünfer darauf, dass die Nutzerzahlen auch weiterhin steigen würden, wenn SpOn, Bild.de und alle anderen vier Wochen lang jeden Tag mit Facebook aufmachen würden.

    Es ist LEIDER so, dass die Menschen zehn Minuten im Supermarkt auf die Packung Kaffee starren und prüfen, woher, von wem, und wie, aber im Netz fast alles mitmachen. Weiß der Teufel warum. An mangelnder Information liegt es jedenfalls nicht.

    Deshalb bleibe ich dabei. Die Kritik in der Masse nervt und sie ist ausreichend. Was nutzt Kritik, die nichts ändert? Der Zuwachs sagt Zuckerberg: Mensch, Du bist auf dem richtigen Weg, lass die Leute reden.

  11. @Matthias: Das Resultat einer Aufklärung muss ja nicht immer Verweigerung oder gar Boykott sein. Ich denke, dass die Leute Datenschutzerklärungen jetzt ernster nehmen als vor dem ganzen Trubel – und das sicher nicht nur auf Facebook.
    Übrigens: Auch negative Publicity kann durchaus das Geschäft ankurbeln und das Facebook eine immense virale Wirkung hat ist auch klar…