Die Kirche

Das, was sich da die katholische Kirche, bzw. die Diözese Regensburg gerade leistet, ist eine Mischung aus Verachtung gegenüber der Meinungs- und Pressefreiheit und gegenüber dem Journalismus. Das wirklich widerliche ist nicht nur gewählte Art und Weise der „Auseinandersetzung“ sondern die dahinter stehende, an Arroganz, Selbstgefälligkeit und Standesdünkel kaum zu übertreffende Haltung, mit der man andere Meinungen und den Rest der Welt betrachtet. Aber weil man das seit rund 2000 Jahren schon so macht, hat man sich offensichtlich daran gewöhnt.

Ich bin noch Mitglied der katholischen Kirche. Warum, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht, denn eigentlich habe ich mit Religion nicht viel am Hut. Religionen gehen mir, da sie vor allem als Mittel der gegenseitigen Unterdrückung bzw. Bekämpfung genutzt werden, ziemlich auf die Nerven. Ich zahle meine Kirchensteuer nur deswegen, weil ich denke, dass ich damit meinen Teil an Solidarbeitrag an die Gesellschaft abtrage. Ohne die Kindergarten, Schulen und Seniorenheime, die von der Kirche getragen werden, wäre der deutsche Sozialstaat vermutlich schon völlig auseinander gebrochen. Ich kauf mir also ein reines Gewissen, auch wenn mir das, was die Kirche sonst so mit meinem Geld macht, eher auf die Nerven geht. Aber im Gegensatz zu anderen Institutionen führen sie keine Kriege und bringen (seit neustem, historisch gesehen) auch niemanden mehr um.

Das Verständnis von Kirche und Pressefreiheit war schon immer ein etwas schwieriger. Oder anders gesagt: im Grunde stehen sich die Meinungsfreiheit und Kirche diametral gegenüber und starren sich unversöhnlich an. Daran hat sich in 2000 Jahren wenig geändert, wie man jetzt an der Reaktion aus Regensburg sieht.

Mein eh schwieriges Verhältnis zur Kirche hat durch eine solche Aktion einen weiteren Knacks bekommen. Die Austrittsformulare habe ich mir schon besorgt.

18 Antworten zu „Die Kirche“

  1. Was den Solidarbeitrag anbelangt, den kann man ja auch innerhalb (natürlich auch außerhal) der kirchtlichen Organisationen direkt an die Zuständigen abgeben. Beispielsweise Fördermitglied bei den Johanniter Schwesternschaft oder Unfallhilfe werden oder so …

  2. Das mit dem Führen von Kriegen bezieht sich aber auch eher auf die Neuzeit oder?

  3. Die Kirchensteuer trägt meines Wissens nicht zu den von den Kirchen betriebenen sozialen Einrichtungen bei. Die bekommen dafür separat Steuergelder.

  4. Ohne jetzt die wichtigen Meinungsfreiheitsdebatte unter atheistischem Gejammer begraben zu wollen:
    Meines Wissens bezahlt die Kirche nur einen verschwindend geringen Anteil ihrer sozialen Tätigkeiten selbst. Und dass sie heute niemanden mehr umbringt, kann man in meinen Augen auch nur rechtlich gesehen sagen. Ich sehe die katholische Kirche nicht nur in Bezug auf die vielen Menschen, die in Afrika an AIDS sterben, in der Verantwortung, sondern auch noch in anderen Zusammenhängen, in denen der bornierte unsachliche Widerstand der organisierten Religion z.B. die medizinische Forschung maßlos behindert und damit (zugegeben eher indirekt) auch viele, viele Menschen das Leben kostet.

  5. bov

    „Der Eigenanteil kirchlicher Träger beim Betrieb von Kindergärten liegt bei 10 Prozent, bei Sozialstationen wird er mit 12 Prozent angegeben. Kirchliche Altenheime und Krankenhäuser finanzieren sich völlig ohne Kirchensteuermittel.“

    Quelle: http://www.kirchensteuer.de/rundfunk_geld.html

  6. […] den monatlichen Ablaß, ja gar die unüberwindliche Schuld (und damit die Obhut ihrer Schäfer) in Frage stellen und mancher gar behauptet, der direkt an bedürftige gegebene Taler sei sinnvoller gegeben denn […]

  7. Habe soeben der Diözese Regensburg, die hier im Landkreis zuständig ist, schriftlich meinen Kirchenaustritt angekündigt. War seit meiner Firmung sowieso nur noch bei Trauungen und Beerdigungen zu Besuch bei dem Verein und frage mich daher schon längere Zeit wieso ich da noch zahlendes Mitglied bin. Reine Trägheit vermutlich.

    Jetzt ist aber meine Trägheit weniger wichtig als Zeichen setzen, selbst wenn die Stadtverwaltung zwar alle möglichen Formulare zum Download anbietet, das Kirchenaustrittsformular komischerweise nicht…
    So versucht man wohl gehfaule Netzbürger wie mich vom Austritt abzuhalten, klappt aber nicht mehr!

  8. Aus katholischer Sicht gehöre ich als Protestant ja einer Art Sekte an. Und wenn die könnten, würden die auch für mich wieder Scheiterhaufen aufschichten. Letzlich existiert die protestantische Kirche allein deshalb, weil die katholische Kirche vollkommmen reformunfähig ist. Da wird jede Reformation automatisch zur Abspaltung. Aber ich wil mal nicht zu laut sein, ein jeder kehre vor seiner eigenen Tür.

  9. anonym

    Habe noch nie einer Religionsgemeinschaft angehört. Konnte die Papisten (damit meine ich hier speziell die Hierarchen) noch nie ausstehen. Viele Leute beider Konfessionen (weit mehr, als man vermutet) sind in Deutschland jahrzehntelang nur aus Pietät in der Kirche geblieben (konnte mir glücklicherweise nie passieren).

    Interessant und wichtig in diesem Zusammenhang ist, daß selbst die meisten Kirchenmitglieder nicht wissen, wofür die Kirche von wem Geld erhält. Daß die Kirche es geheimhält, sagt einiges aus. Mit anderen Worten: Die beiden Kirchen werden mit Steuergeldern (auch von Atheisten) alimentiert.

  10. Komm Don, wir gehen zusammen aufs Amt!

  11. Danke bov, schon interessant, ich werde aber noch mal ein paar andere Quellen bemühen. Wenn das soziale Ding weg fällt, brauche ich die Kirche auch nicht mehr um mein Gewissen zu pampern.

    @creezy: So einfach ist das nicht, bisher dachte ich, dass die Kirche das Geld eben streut. Ein bisschen Kinder, ein wenig Alte usw. Das war sehr praktisch für mein Gewissen.

  12. Ich bin schon seit ner ganzen Weile ausgetreten (evanglisch). Finanziell macht es keinen riesigen Unterschied. Stattdessen stecke ich das gesparte Geld in nen Beitrag fürs Fitnessstudio, lebe dadurch länger und kann hinundwieder mal an unterschiedliche Organisationen Geld spenden, die ich für unterstützenswert halte. Ist ohnehin die bessere Methode, selber zu entscheiden wohin man sein Geld gibt.

  13. Maschinist

    Die Kirche baut keine Kindergärten von Deinem Geld. Sie restauriert ihre Prunkpaläste.
    Die Kirche führt keinen Krieg, aber sie segnet die Panzer.
    Die Kirche tötet nicht, aber sie verbietet den Afrikanern und uns Kondome.

    Füll aus den Wisch, Du wirst Dich besser fühlen. Erspartes Geld lässt sich prima bei betterplace.org verjuxen.

  14. Heriger

    Also meine Kirchengemeinde finanziert eine Kita mit (17%), sie verwaltet sie ehrenamtlich (100%) und teilt sich die Baulast fifty-fifty mit der Kommune. Ohne diese Unterstützung würde die Kita schließen, schließlich baden die Kommunen nicht gerade im Geld.
    Wäre die Kirche ein Verein, so würde man sie für ein nobles Unternehmen halten, aber weil es die Kirche ist, ist es natürlich nichts wert, denn es sind ja nur 50% und nicht 100%. Wäre ja mal interessant zu erfahren, welche Summen die Kritiker so Monat für Monat für solche Dinge abdrücken. Gründet doch euren eigenen Club, mal sehen, ob der auch 17% schafft.

    Die Kirchensteuer dient auch zur Finanzierung von Schulen, sonstigen Bildungseinrichtungen, Sozialeinrichtungen etc pp. Jede Diözese veröffentlicht auf ihrer Homepage die exakten Zahlen.

    Hier zB der Plan 2008 der Diözese Regensburg: http://www.bistum-regensburg.de/download/borMedia0752905.PDF

  15. […] Die Kirche – Irgendwas ist ja immer – Reloaded "Das, was sich da die katholische Kirche, bzw. die Diözese Regensburg gerade leistet, ist eine Mischung aus Verachtung gegenüber der Meinungs- und Pressefreiheit und gegenüber dem Journalismus." […]

  16. @Heriger
    Danke, spannend zu lesen. Gucke wir mal, wo sie nächstes Jahr die Einnahmen aus den Abmahnverfahren veröffentlichen. (Vielleicht ist das ja auch nur ein Geschäftsmodell der Diözese Regensburg, um das in diesem Jahr nach dem Skandal zwangsläufig entstandene Einnahmendefizit auszugleichen.)

    @DonDahlmann
    Okay, das ist schwer. Aber bei so einer Abgabe ist es immer so, dass nur ein/zwei Parteien befriedigt werden können. In meiner Arbeit als Patientenvertreterin habe ich eines gelernt: die besten Krankenhäuser in Deutschland sind immer noch die Krankenhäuser der Kirchen. Weil die klein genug sind, sich keine reinen Fachidioten (das meine ich gar nicht so negativ wie’s klingen mag) als Ärzte leisten zu können – die müssen fachabteilungsübergreifend diagnostizieren und behandeln können. Wer z. B. keine 08/15-Krankheit hat, dafür eine seltene wird dort immer besser aufgehoben sein als in der Uniklinik. Und die Pflege ist dort eindeutig hochwertiger, weil die eigentliche Idee zur Pflege immer noch von der Idee vom Glauben und dem sich Kümmern unterstützt wird.

    Und in so einem Krankenhaus werden Alte, Erwachsene und Kinder betreut. Wobei ich glaube, dass sich auch jeder Kindergarten, jede Behindertenschule und jedes Altenheim für eine milde Gabe einmal im Jahr freut.

  17. Heriger

    @ creezy: Von der Regensburger Klage- und Abmahnwut halte ich auch nicht viel (es gibt da noch viel mehr Fälle). Vielleicht sollte man mal ein paar Euros der Kirchensteuer in PR-Kurse investieren, einige Bischöfe haben es nötig. Leider kann der Regensburger Oberhirte nichts auf sich sitzen lassen und muss immer gleich zum Kadi laufen, auch wenn das nichts bringt, Prozesse verloren werden und ohnehin jedes Mal schlechte Presse die Folge ist. Aber er scheint das nicht akzeptieren zu wollen. Mehr sag ich lieber nicht, sonst müsste ich demnächst schon wieder mal den Beichtstuhl aufsuchen *pfeif*.

    Leider sagt der von dir verlinkte Artikel nichts darüber aus, woher eigentlich diese Gebühren für Austritte kommen. Originär legen die Kommunen die Gebühren fest, die Kirche selbst hat mit dem Austrittsakt vor dem Amt ja nichts zu tun und bekommt nur eine entsprechende Meldung. Eine Bearbeitungsgebühr von 60€ erscheint mir jedoch für eine einfache Personenstandsmeldung sehr hoch. Man müsste halt mal vergleichen, was andere Personenstandsmeldungen da so kosten.