Ich war ja heute im Fernsehen. ZDF Morgenmagazin, man wollte meine Meinung zum iPad hören. Was ich nett fand, und da Fernsehen ja immer noch etwas leicht geheimnisvolles hat, habe ich auch gerne zugesagt. Mal abgesehen davon, dass ich erstaunt war (und bin) das ich morgens um halb sieben ganze Sätze sprechen konnte, die sogar einen gewissen Sinn ergaben, war nicht nur ich als Experte geladen, sondern auch unser aller Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg.
Ich hab eher ein gespanntes Verhältnis zu dem Mann. Zum einen: CSU. Zum anderen: Kai Diekmann Gedächtnisfrisur. Zum dritten: die Sache mit den Internetsperren aus dem letzten Jahr. Zum vierten: Politiker. Auf der anderen Seite: pauschale Vorurteile sind auch langweilig.
Ich bin gebürtig aus Bonn und so lange die Stadt noch Hauptstadt war, liefen einem da dauernd Politiker über die Füsse. Genscher sieht man zum Beispiel bis heute durch die tote Innenstadt von Bad Godesberg gehen. Und dann habe ich in der Studienzeit mal als Chauffeur gearbeitet und war oft im Kanzleramt, wo man naturgemäß sehr viele Politiker sehen konnte und mit dem ein (Kohl) oder anderen (Biedenkopf, Süssmuth, Vogel, Fuchs) habe ich habe ich mal ein paar Worte wechseln können.
Die meisten Politiker haben mich in ihrer Politikerhaftigkeit nie enttäuscht. Das Staatsmännisch-Gravitätische schieben, bzw. schoben die meisten wie eine riesige Bugwelle vor sich her und man wurde quasi zur Seite gespült. Es wird gemustert, eingeschätzt und man wird dann dementsprechend behandelt. Manche (Kohl) sprachen nur das nötigste, andere (Vogel) gaben sich dem freundlichen Smalltalk hin. Nun war das auch eine andere Generation von Politiker.
Minister zu Guttenberg ist ja eher die Jungs-Ausgabe eines Politikers. Er ist schlank, fixiert einen durch die erstaunlich dünne Brillengläser und grüßt freundlich mit einem festen, aber nicht zu festen Handschlag. Er besetzt den Raum, wobei er nicht so eine massige Ausstrahlung wie manche andere (Kohl) hat, dafür fehlt ihm vielleicht auch die physische Präsenz. Das Wort „Minister“ hängt sicher in der Luft, aber das ist es nicht allein. Er ist, so auf den ersten schnellen Eindruck, sympathisch. Er wirkt trotz seines Amtes unaufdringlich und auf Grund seines Alters auch wenig ministerlich. Ich kann verstehen, warum er gerade bei der Presse beliebt ist, warum sie ihn gerne „Popstar“ nennen. Er geht auf einen zu, er lässt zumindest in einer schnellen Begegnung keine Arroganz oder Standesdünkel erkennen. Es fällt schwer, ihn auf den ersten Blick nicht zu mögen, was ja nun nicht jedem Politiker gelingt (Kohl, Koch).
Kaffeetrinkend wendet er sich dem Fernseher zu, schaut sich die Zusammenfassung von Obamas „State of Union“ an und wendet sich danach blitzartig der Bild-Zeitung zu, die auf dem Tisch liegt. Mit seinem Mitarbeiter wechselt er ein paar schnelle Worte, ein ebenso schnelles Lächeln huscht über sein Gesicht, als er den Namen „Westerwelle“ ausspricht. Wir reden kurz über Davos und mir fällt leider zu spät die Frage ein, warum ein Verteidigungsminister zu einem Wirtschaftstreffen fährt. Dann hält er plötzlich inne, schaut mich an und fragt mich nach einer Journalistin der SZ. Ob ich sie kenne würde, wer das sei. Ich kannte den Namen nicht, er nickt, und sagt, die wolle wohl ein Interview mit ihm und seiner Frau machen.
Dann wechselt er in den Politiker-Modus und spricht mit seinem Mitarbeiter über irgendwelche Staatssekretäre. Ich höre nicht hin, ich finde es unhöflich, wenn ich lausche, aber mir fällt generell auf, dass er dann doch so ist, wie die Politiker, die ich vor Jahren mal kennen gelernt habe. Auch die haben in Gesprächen mit Kollegen und Assistenten immer wieder den üblichen Büroklatsch besprochen, aber bei Politikern, so mein Eindruck, hat dieser Klatsch auch immer etwas gehetztes. Man will wissen, wer wo was macht, wer welche Stelle und welchen Einfluss hat. Es wie eine Art Absicherung, Kontrolle, dass man auch nichts verpasst, dass man nicht plötzlich von irgendetwas oder irgendjemanden überrascht wird.
Alles scheint ziemlich flott beim ihm zu gehen. Zielgenau, ohne Zögern, bestimmt, selbstsicher. Er weiß was er will, er weiß was er sagt, er zögert nicht bei seinen Antworten. Ich vermute mal, dass sein Büro viel Spaß mit seinem Arbeitstempo hat. Mir ist so etwas immer ein wenig unheimlich. Was vielleicht daran liegt, dass ich in meinem Wesen bedächtiger bin, nicht so zielgerichtet, aber ich bin ja auch kein Politiker und werde wohl auch nie einer sein.
Er verabschiedet sich in aller Ruhe, und als er gegangen ist, höre ich die Make-Up Frauen ein wenig tuscheln, von wegen „smart“ und „nett“ und „Kanzler“. Ich hab dann lieber die SZ weiter gelesen.
11 Antworten zu „zu Guttenberg“
Was will mir dieser Beitrag sagen, was ich nicht schon über Guttenberg wusste/ahnte?
Nix, reine Beobachtung. Manchmal blogge ich einfach so ;)
gute beschreibung, lesen hat spass gemacht.
Na, der Katsche hat halt noch Manieren, ganz alte Schule eben. Der weiß, dass man ältere Menschen höflich und respektvoll behandeln soll;)
Wolfgang Joop, der sich eigentlich nicht über die Physiognomie anderer Menschen äußern sollte, hat über zu Guttenberg gesagt: „Alter Adel, gut erzogen, wirkt energetisch. Nur das Gesicht erschließt sich mir nicht.“ Geht mir ähnlich mit ihm.
sehr schöne beobachtungen!
in folge 6 meiner kellner-serie geht es ebenfalls um herrn zu guttenberg -> http://www.youtube.com/watch?v=heN8wwhoZzM
es ist diese extrem schnelle auffassungsgabe und fähigkeit, sich schnell zurechtzufinden, die politiker ausmacht. gut beobachtet.
Ich habe ihn im letzten Jahr in Libyen erlebt und den gleichen Eindruck gewonnen.
Erfrischend, mal eine andere Perspektive auf einen „Berichterstattungsgegenstand“ zu lesen.
[…] was über unseren Verteidigungsminister, die CSU und die heutige Presse schon viel aussagt – hier einige distanzierte, aber in der Grundtendenz sympathische Beobachtungen zum Menschen-Politiker oder Politiker-Menschen von Don Dahlmann (den ich hier mal nicht als […]
Belustigende Kommentare. Aber auch nervig.
Ich mag den Text. Er hat so etwas ehrliches. Was ich in Blogs immer suche und viel zu selten finde. Toll zu lesen. Man muss nicht immer einen Punkt haben, nicht immer argumentieren. Einfach erzählen.
Manchmal wäre mir ein Stern lieber als ein Kommentarfeld.
Zu Guttenberg schön und gut, aber wo ist das Video mit deinem TV-Auftritt? ;)