Brender vs. Journalismus

Die Hintergründe über die Sache mit dem Brender, dem Koch und den ebenso zahn- wie rückgratlosen Vertretern im Verwaltungsrat des ZDF will ich jetzt nicht noch mal durch kauen. Aber ein paar Dinge nerven mich schon.

Ich habe keine Ahnung, ob Herr Brender ein guter, investigativer, die Unabhängigkeit der Presse und der Meinung vertretender Mensch ist. Er ist mir in seinem journalistischen Wirken bisher nicht so aufgefallen. Er hat mal „Herr Schröder“ statt „Bundeskanzler Schröder“ gesagt, was von den Medien als „Hohoho-Ding gewertet wurde. Und was viel über die Verstaubt- und Verknöchertheit über den Umgang zwischen Journalisten und Politikern aussagt. Da war Ernst-Dieter Lueg („Herr Wöhner…“) schon mutiger. Mir ist in den letzten Jahren auch nicht aufgefallen, dass sich das ZDF in seinen Nachrichten oder Informationssendungen in irgendeiner Form kritisch mit den Internet-Sperren und sonstigen Bürgerrechtsfragen auseinander gesetzt hat. Eine klare Kante habe ich jedenfalls nicht bemerkt. Aber, da bin ich ehrlich, ich schau den Sender auch zu selten.

Das man Brender zum „Freiheit für den Journalismus“ Dings aufgejazzt hat hat mich auch die gesamte Zeit befremdet. Das ZDF, wie alle Öffentlich-Rechtlichen Anstalten, haben nun mal nicht seit gestern den parteiischen Verwaltungsrat und irgendwie ist das auch gut so, denn auf der anderen Seite will auch niemand, dass aus dem den GEZ-Sendern ein zweites RTL mit Daily Soaps…. hmmm. Moment, ich fang noch mal von vorne an.

Das mit dem Verwaltungsrat ist irgendwie auch gut, weil man nicht möchte, dass aus den GEZ-Sender ein komplett Profit-orientiertes Unternehmen wird. Die Parteien lähmen sich schon gegenseitig, was irgendwie ja ein generell ein Garant für den Bestand der Demokratie und eines pluralistischen Journalismus war. In der ARD gibt es halt auch den „Report München“ und den „Report Mainz“. Ich komme zu dem noch aus einer Zeit, in der man das „ZDF Magazin“ (Hier das Intro) als ausgewogene Sendung betrachtet hat. Zudem ist es ja auch keine so große Neuigkeit, dass die Parteien in den Sendern Einfluss ausüben. Vergleiche dazu den lesenswerten Artikel Modellfall politischer Repression im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (pdf).

Was ich eigentlich sagen wollte: das man schon aufbegehrt, von „Berlusconi-TV“ redet (was totaler Quatsch ist, sei denn Roland Koch gehört die RTL-Gruppe), wenn ein Chefredakteur des ZDF, der vor neun Jahren ohne die Stimmen der Parteien gar nicht erst an die Stelle gekommen wäre, vulgo sich im Spiel also gut auskennt, von eben jenen Parteien wieder abserviert wird, ist schon interessant. Das sagt wohl auch etwas über die Geschwindigkeit aus, mit der der klassische deutsche Journalismus gerade untergeht.

Und das sich die Politik nicht mal die Bohne um die Meinung der Creme des deutschen Fernsehjournalismus schert, sollte zudem genug darüber aussagen, wie viel Spielraum Journalisten haben, die sich in hohen Positionen im ÖR befinden. Oder was die Creme angeht.

Natürlich ist das Aufbegehren gegen die Hinterzimmerpolitk der CDU richtig. Natürlich ist es richtig, dass man Flagge zeigt und klar macht, was man von der Scharade hält. Natürlich ist die medusenhaftigkeit eines Roland Koch in gewisserweise ekelerregend. Aber die fehlende Mimosenhaftigkeit, mit der weite Teile des deutschen Journalismus auf die Gutherrenart der Politik reagiert haben, reicht eigentlich schon wieder aus, um festzustellen, dass auch eine Wiederwahl Brenders nichts geändert hätte.

Im Gegenteil. Seine Abwahl und vor allem die Umstände die dazu geführt haben, sollten im besten Fall dafür sorgen, dass so etwas nicht wieder passiert. Aber da bin ich doch eher skeptisch.

7 Antworten zu „Brender vs. Journalismus“

  1. Erst Dieter Lueg hieß der Mann, nicht Hans Dieter

  2. Ernst natürlich, sorry

  3. Du sprichst mir aus der Seele, aus einer Ecke jedenfalls – und zwar, was mein Wissen über Herrn Brender angeht. Es ist ja immer wieder schön zu sehen, wenn dann doch mal derart laut und öffentlich gegen bestimmte politische Hinterzimmervorgänge aufbegehrt wird, aber ich wette, dass rund die Hälfte derer, die gestern mit Empörung reagiert und die Union zur Hölle gewünscht haben, genauso wenig wie wir beurteilen kann, was für ein Journalist Herr Brender ist.

  4. Gerade der Vorwurf, wenn die Politik sich zu sehr in die Belange des öffentlichen Rundfunkes einmische, sei die „Zivilgesellschaft“ nicht repräsentiert, halte ich für bestaunenswert. Das Korrektiv in den Gremien sind noch viel weniger demokratisch legitimierte Interessensvertreter, da können wir noch froh sein, wenn Scientology keinen Vertreter entsenden darf. Die Parteien sollen doch gerade des Volkes Willen kanalisieren – wenn sie ihrem Auftrag im Moment sehr unzureichend nachkommen, ist das ein großes Problem, aber ein alternatives Modell der stellvertretenden gesellschaftlichen Teilhabe gibt es meines Wissens in unserem Staat nicht.

    Man könnte sehr wohl darüber nachdenken, die Gremienzusammensetzung per direkter Demokratie oder wenigstens ohne Proporz zu bestimmen. Aber ohne Einfluss von Politikern gibt es in einer Stellvertreterdemokratie keinen Einfluss der Bürger. Danke schon mal für eine andere Perspektive als die des getroffenen Hundes.

    Übrigens: Ist es die „fehlende Mimosenhaftigkeit“, die angeprangert werden soll, oder sollte da ein anderes Adjektiv (oder gar keines) stehen?

  5. @Christian: Ernst-Dieter, klar. Geändert.

  6. Letztendlich entscheidet über personelle Veränderungen immer der Eigentümer. Und der Eigentümer ist im Falle des Zdf das Volk, vertreten durch seine demokratisch gewählten Vertreter.
    Wem die Entscheidung des Verwaltungsrates nicht passt, sollte anders wählen, aber im Endeffekt ist alles korrekt abgelaufen und überhaupt nicht zu beanstanden.

  7. Warum ist Roland Koch so vernarbt? Das sind Brendings?

    Sorry, der musste raus! #kalauer