Update aus meinem Leben

– Es gibt mehrere Gründe, warum es in letzter Zeit hier so ruhig ist. Zum einen ist da dieses neue, nicht mehr ganz so geheime neue Projekt namens next247.de, das Arbeitszeit und Gedanken verschlingt. Zum anderen bin ich seit Monaten angekränkelt. Acht HNOs, eine Klinikeinweisung und eine 24 Stunden vorher abgesagte OP später weiß ich, das in meinem linken Ohr eine Entzündung hockt, die man jetzt nicht operieren kann, aber vielleicht später. Mit dem Tinnitus muss ich jetzt halt leben, ich habe mich allerdings an ihn gewöhnt. Vielleicht gebe ich ihm noch einen Namen.

Und zum dritten habe ich dringend mal eine Pause benötigt. Auch um das Konzept „Blog“ noch mal zu überdenken.

– Das mit den Blogs ist nämlich so eine Sache. Ich sage in meinem Schulungen gerne, dass Blogs zwar das Rückgrat des eigenen Selbstmarketings im Netz sind, aber ich stelle mehr und mehr fest, dass gerade WordPress Blogs mittlerweile ganz schön schwerfällig geworden sind. Da ist zum Beispiel das Problem, dass man sie von unterwegs über das WP-Admin nur bedingt füllen kann. Da hilft dann eher so ein Dienst wie posterous mit dem man ein Blog mit Fotos uns Texten bestücken kann. Aber es fehlt WP doch in vielen Dingen noch die Einfachheit, mit der man beim Tumblr unterwegs ist (Tumblr Post), oder mit der Seiten bei Facebook einstellen kann. Scribefire ist zwar ganz nett, aber immer noch nicht das, was ich will.

– Jedenfalls unterliegen Blogs im Moment einer erneuten Wandlung. Sie sind nicht mehr der zentrale Kommunikationspunkt. Stattdessen bündeln sie Informationen, man schreibt weniger, aber längere Texte und der Rest läuft über Twitter und Facebook. Fast könnte man meinen, dass Blogs die neuen Printmedien sind. [Ironiedektektor on/off]

– Ich weiß auch gar nicht, ob ich mit der Wahl so unglüklich bin. Es ist ja nicht so, als hätte es unter Schwarz/Gelb in den 80er Jahren die große Intellektuellen-Verfolgung gegeben. Ich hatte eher den Eindruck, dass es der Kunst und dem Kabarett hilft, wenn man weiß, an wem man sich reiben kann. Ist halt auch leichter über Partien zu spotten, die man noch die gewählt hat, anstatt die SPD mit schwerem Herzen fertig zu machen.

– Dazu kommt: 2009 hat gezeigt, dass man nicht einfach mal mehr so über die Köpfe der Menschen hinweg regieren kann. Das Internet hat auch dafür gesorgt, das Themen eben nicht untergehen und das sie kritisch begleitet werden. In Zukunft wird das mehr denn je der Fall sein, denn die rauchenden Reste der SPD werden sich wohl in vor allem hier aufhalten, um Stimmung zu machen. Und wenn sie klug sind, diese Reste, dann machen sie nicht nur Stimmung, sondern tun auch was. Schwarz/Gelb wird vor allem mit Widerstand aus dem Netz rechnen müssen, es wird (sollte es stritig werden) Petitionen geben, und große Onlineportale werde, wenn sie minimales Rückgrat haben, die Themen aufgreifen. Ich bin da schon sehr gespannt, ob das Netz ein stärkeres partizipatives Element in die Politik bringt, als es Bürgerbefragungen je sein könnten.

– Überhaupt die SPD. 17% Verlust bei den Wählern unter 30. Das sagt schon alles. Da fragt man sich, wie man als Partei so blind werden kann, dass man das nicht merkt. Und jetzt? Kehrtwende? Zurück auf 1969 und dem „Willi wählen“ Pathos? Wenn sie denn einen hätten, der das verkörpern würde. Weder Wowereit noch Gabriel noch Nahles sind auch nur im entferntesten das, was man braucht. Das Problem der SPD sind aber nicht nur die Köpfe, sondern auch die Struktur. Parteien sind schon seit langem in sich geschlossene Systeme, die nur wenige verstehen und an deren Demokratie-Prozess kaum einer teilnehmen möchte. Die Stammtisch und Hinterzimmer-Diskussionen haben sich vor allem bei den jungen Wählern ins Netz verlegt, nur da hat die SPD wegen ihrer lächerlichen Haltung zu den Sperrgesetzen, der Vorratsdatenspeicherung etc. jegliche Glaubwürdigkeit verloren.

Selbst, wenn die Partei jetzt eine 180 Grad Kehrtwende macht und sich gegen ihre eigene Politik der letzten Jahre wenden würde – wer sagt, dass sie in vier Jahren, sollten sie wieder in die Nähe der Macht kommen, nicht plötzlich wieder umfallen? Und selbst, wenn man jetzt ein paar Köpfe aus der zweiten Reihe nach vorne schiebt, wird sie deswegen nicht glaubwürdiger. Die Erneuerung der SPD muss mindestens so hart und tiefgreifend erfolgen, wie 1959 in Bad Godesberg. Und das ist nichts, was man bis zum Parteitag im November einfach mal so auf die Beine stellt. Wenn die Verantwortlichen klug wären, würden sie die Philosophie der Partei renovieren, soziale Gerechtigkeit, Umverteilung, Bürgerrechte usw. auf ihre Fahnen schreiben um sich von der CDU, die sie in den letzten 11 Jahren so mittelgut imitiert haben, besser absetzen zu können. Wenn sie richtig klug wären, dann würden das Thema „Der Bürger ist der Staat“ auch weiter nach vorne bringen. „Glasnost“ scheint ja etwas zu sein, dass auch in der deutschen Politik und in den Behörden durchaus angebracht zu sein scheint. Also zum Beispiel die Offenlegung der Verträge mit privaten Firmen, Informationsfreiheit, Zugang des Bürgers zu all seinen gespeicherten Daten usw.

Das würde aber auch bedeuten, dass man 11 Jahre SPD-Geschichte mehr oder weniger unbesehen in den Orkus der Geschichte kippt. Und selbst nach Godesberg hat die SPD zehn Jahre gebraucht, um die neue Linie glaubwürdig vertreten zu können. Man hat also keine Zeit verlieren, zu mal die Linken mittlerweile auch im Westen aufschliessen. Aber irgendwie glaube ich nicht daran, dass die SPD das hinbekommt.

7 Antworten zu „Update aus meinem Leben“

  1. Ich würde ja eher behaupten, dass die Linke und die SPD bald ihre Plätze tauschen werden, zumindest im Bezug der Wählerschaft. Denn ähnlich wie du es in deinem Text schon anklingen lässt denke ich nicht, dass die SPD die Wandlung die ihr und unseren Grundrechte gut tun würde wirklich durchziehen wird.
    Was für mich dabei die Frage bleibt, merken die nicht, dass sie somit die gesamte Junge Generation verlieren, an die Linke und an die Pirate, oder ob es ihnen einfach egal ist, weil sie denken, dass dies eine vorrübergehende Erscheinung ist.

  2. […] Blogs, die neuen Printmedien Sep 30th, 2009 by posterous. Jedenfalls unterliegen Blogs im Moment einer erneuten Wandlung. Sie sind nicht mehr der zentrale Kommunikationspunkt. Stattdessen bündeln sie Informationen, man schreibt weniger, aber längere Texte und der Rest läuft über Twitter und Facebook. Fast könnte man meinen, dass Blogs die neuen Printmedien sind. via dondahlmann.de […]

  3. Helmut

    Für mich ist es spannend zu sehen, wie die SPD dabei ist, die Sympathie der intellektuellen Elite komplett zu verlieren.

    Ich bin nie SPD-Wähler gewesen. Allerdings fand ich es immer bemerkenswert, dass und wie die SPD-Anhänger den sozio-kulturellen Raum in Deutschland dominiert haben.

    Dir Formel „links = intellektuell“ funktioniert nicht mehr. Der Vertrauensbruch, der hier erfolgt ist, erscheint wirklich irreparabel.

  4. wenn die Definition von Volkspartei demnächst bei 14 % beginnt haben die Parteien nur die allgemeine Fragmentierung der Gesellschaft nachvollzogen. Die SPD geht voran, die CDU wird folgen. Die Umstellung von 3 auf 100 Fernsehprogramme haben wir schon gestemmt (TV abgemeldet).
    Mal sehen wie eine Republik mit 6 -10 Spartenparteien funktioniert. Neben den Piraten werden sich bestimmt noch ein paar entschlossene Intereessngruppen ohne traditionelle linksrechts-Ausrichtung finden.

  5. Hmm, im rechten Lager sehe ich diese Fragmentierungstendenzen allerdings noch nicht. Zwischen CDU und den Ultrarechten wird so schnell wohl keine neue Partei von relevanter Größe entstehen.
    Die zerstrittene Linke dagegen – symptomatisch, typische Grabenkämpfe nicht nur unter Kopfmenschen. Und schon eine Art von Selbstgeißelung. Wieso nimmt man der FDP ihr Umfallen im Angesicht der CDU nicht weiter krumm, in einer Koalition wird bei der SPD bei jedem zweiten Kompromiß gleich Verrat gerufen?

    Weil die SPD angreifbar geworden ist, sich wie eine Schlange im Zwei-Fronten-Krieg windet. Denn wie jung Die Linke auch sein mag, jeder Versuch seitens der SPD, ihr wieder stimmen zu rauben, kostet auf der anderen Seite am Rand Richtung Mitte.

  6. Ach, was ich noch vergessen habe: „Leben im Material“ (wie es Heiner Müller mal ausgedrückt hat) finde ich jetzt nicht so den gelungenen Produktivansatz. Hart gesagt: Gegen die Nazis ließen bestimmt noch viel bessere Protestromane schreiben. Pardon, Blogs.

  7. das tut mir sehr leid, dass du dieses ohrenproblem hast. du bist zu viel online und du trinkst zuviel! frische luft! gemüse! sport! und weniger zigaretten!

    gute besserung.