Information ist Freiheit

Ich will die unsägliche Erklärung, den sogenannten „Hamburger Appell“ nicht auch noch komplett auseinander nehmen. Das hat der andere Don auf seine Art gemacht und bei Gerd Kamp gibt es ebenfalls eine Erwiderung (und mehr Infos). Aber ein Satz aus dem Appell ist dann doch so schlimm, dass ich was dazu schreiben möchte. Da heißt es:

Wir widersprechen all jenen, die behaupten, dass Informationsfreiheit erst hergestellt sei, wenn alles kostenlos zu haben ist.

Wenn der Satz in einer Rede erschienen wäre, hätte ich mir vielleicht nicht viel dabei gedacht. Was man halt so mal daher sagt, wenn man Applaus haben will. Aber in einem wohlformulierten Appell, an dem mehrere Verlage von Tageszeitungen beteiligt sind, und an der vermutlich seit Wochen gefeilt wurde, hat das schon eine andere Bedeutung. Denn die Verlage wollen klarstellen, dass Information nur gegen einen Gegenleistung, in dem Fall Geld, zu bekommen sein soll.

Dass das dem Grundgedanken des Netzes widerspricht, ist klar. Aber es widerspricht auch der althergebrachten Erkenntnis, dass Information frei sein muss. Nur wenn Information frei verfügbar ist, können die demokratischen Strukturen überleben. Sonst kann man hingehen, und bestimmte Informationen so verteuern, dass sie nur noch für einen Teil der Menschen zugänglich ist. Das schafft ein neues Gatekeeping, in dem Informationen nur für die lesbar sind, die sich das erlauben können. Das ist politisch und kulturell aber völlig abwegig und spätestens seit der Erfindung von Zeitungen widerlegt.

Das geforderte Leistungsschutzrecht ist nichts anderes, als der Wunsch, das Gatekeeping als Geschäftsmodell weiterzuführen zu können. Ähnliche Versuche gibt es ja schon von der Nachrichtenagentur AP. Aber die Argumentation gipfelt dann im den Satz:

Kein Wissen entsteht ohne faire Beteiligung an seinem wirtschaftlichen Ertrag

Das Wissen der Menschheit ist, soweit ich mich erinnere, nicht durch Springer, den Bauer Verlag (ausgerechnet) oder Gruner & Jahr entstanden. Das Wissen hat sich sogar ganz außerordentlich erfolgreich auch so verbreitet. Teilweise frecherweise sogar unbezahlt.

Die Verlage haben immer noch nicht umgedacht. Im Kern fechten sie immer noch den Kampf ums Gatekeeping aus. Nachdem sie die festgestellt haben, dass sie die Deutungshoheit verloren haben, versuchen sie es jetzt mit der Urheberrechtskeule. Und ähnlich wie der Musikindustrie, wird ihnen das früher oder später um die Ohren fliegen.

Und noch was, liebe Verlage: Die Informationen entstehen nicht durch eine Firma, sondern werden von Menschen gemacht, die ihr dann auch noch schlecht dafür bezahlt. Verlage stellen gar nichts her, sie bieten nur einen Vertriebskanal.

Eine Antwort zu „Information ist Freiheit“

  1. „…die Verlage wollen klarstellen, dass Information nur gegen einen Gegenleistung, in dem Fall Geld, zu bekommen sein soll. Dass das dem Grundgedanken des Netzes widerspricht, ist klar.“

    Soso, es gibt also einen Grundgedanken des Netzes. Ungefähr so, wie es ein Endziel der Geschichte gibt?

    Und der Grundgedanke des Netzes besagt, dass geistige, kreative, fotografische, journalistische Arbeit grundsätzlich nicht direkt entgolten werden darf? Sondern durch Dritte finanziert werden muss, sprich: durch Werbung?

    Na, toll. Mit eben diesem Geschäftsmodell – 100%ige Werbefinanzierung – ist das deutsche Privatfernsehen in eine qualitative Abwärtsspirale ohnegleichen geraten. Und es lässt sich(etwa bei DSDS) mühelos erkennen, dass die Opfer dieses Prozesses (sowie anderer Fehlentwicklungen, etwa im Bildungssektor)ganz sicher nicht aus Villenvierteln und Bildungsbürgerhaushalten kommen.