Blockt doch alles weg

Lustigerweise ausgerechnet heute, an dem Tag, an dem ein Ausschuss des Bundestages über Netzsperren debattierte, gibt es auf Twitter Aufrufe, den Account der NPD zu blocken. Wie üblich muss man, bevor man mal anderer Meinung in so Sachen ist, ja immer per Disclaimer darauf hinweisen, dass man ja ganz und gar gegen die NPD und ihre Ableger ist usw.

Natürlich steht es jedem frei, den Twitter Account der Partei zu blocken. Es ist eine persönliche Entscheidung. Was mich nervt, sind aber so Aufrufe, die dann darauf hinaus laufen, dass der Account der NPD bei Twitter verboten werden soll. Das ist eine ganz schlechte Argumentation.

Denn sie läuft darauf hinaus, dass ich Meinungen, die mir nicht gefallen, unterdrücke. Und ja, es ist in dem Fall auch nicht anders, als bei der Diskussion über Netzsperren. Wenn ich dazu aufrufe, einer fragwürdigen Partei, die zumindest im Moment nicht verboten und zu den anstehenden Wahlen zugelassen ist, den Account zu sperren, öffne ich genauso die Büchse der Pandora, wie mit Netzsperren. Heute passt mir die Meinung der Rechten nicht? Sperren! Morgen trollen ein paar irre Islamisten rum? Sperren! Übermorgen ein paar Kapitalismuskritiker die gerne in Nord-Korea in den Urlaub fahren? Sperren! Und dann kommt der Staat irgendwann auf die Idee, dass Kritik an ihm und/oder seiner Regierung auch ja irgendwie staatsgefährend, digitaler Terrorismus und Aufruf zum Ungehorsam ist. Da kann doch auch gleich mal, wo man doch vorher…

Das es sich bei der NPD um etwas handelt, dass man lieber nicht sehen und hören möchte, ist eine Sache. Aber den Versuch zu unternehmen, sie aus allen Kommunikationsbereichen zu blocken, halte ich für falsch. Wenn man Meinungsfreiheit haben will, dann muss halt auch damit leben, dass es Idioten gibt, die Meinungen verbreiten, die irrsinnig falsch erscheinen.

Mal davon abgesehen, dass sich Spinner meist selbst demontieren, halte ich es auch für den falschen Weg, derartigen Parteien ihr Recht auf Meinungsäußerung zu blocken. Wie Stefan neulich zum Thema des NPD-Kandidaten zur Wahl des Bundespräsidenten schrieb:

Erstens erweckt man damit den Eindruck, dass die Ideologie der NPD so unwiderstehlich, so toxisch ist, dass die Leser, die Wähler gar nicht erst mit ihr in Kontakt kommen dürfen. Natürlich versucht die NPD, die Wähler mit gefährlicher Propaganda zu verführen. Aber wenn wir glauben, dagegen machtlos zu sein und keine überzeugenden Argumente zu haben, scheint das Vertrauen in unsere Demokratie nicht sehr ausgeprägt zu sein. Zweitens erlaubt man es ihnen dadurch, eine Opferrolle einzunehmen. Man gibt ihnen Argumente gegen das „System”, liefert ihnen Belege für ihre Behauptung, dass es darin nicht mit rechten Dingen zugeht.

Jeder Ruf nach Sperrung und sonstigem, spielt denen nur in die Hände. Zu sagen, man müsste aber deren Propaganda sperren, so dass keiner darauf reinfallen kann, ist im Grunde ein Ruf nach dem Staat, bzw. seiner Ordnungsbehörden, doch hier etwas zu unternehmen. Aber: Wie war das noch mal mit den Sprerren?

18 Antworten zu „Blockt doch alles weg“

  1. Manuel

    Tja, so ist die Demokratie halt – man kann einfach auch gegen etwas stimmen. Ich kann entweder den Rechten folgen, nichts tun (mich enthalten) oder ganz klar gegen sie stimmen und sie damit blocken. Außerdem bin ich ein Befürworter eines neuen NPD-Verbots, weshalb diese ganze blockiert-die-NPD-Sache kein großes Dilemma für mich darstellt.

    Vor einer verbalen Auseinandersetzung mit den Rechten hab ich keine Angst. Es sind bei mir genug Argumente vorhanden und hatte in der Vergangenheit auch schon viel Erfolg damit.

    Im übrigen war ich auch gegen die Netzsperrung. Warum? Weil ich nicht will, dass vor dem Missbrauch von Kindern weggesehen wird, sondern dass die Täter ermittelt und die Server – aufgepasst – abgeschaltet werden. Genauso wie der NPD-Account in meinen Augen abgeschaltet wird. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

  2. Vielen Dank für diesen Beitrag. Manchmal frage ich mich, ob die ganzen Anti-Netz-Sperren Fans eigentlich wissen, gegen oder viel genauer, für was sie eigentlich sind; an solchen Aufrufen zu Blockaden merkt man nämlich, dass das Prinzip immer noch nicht verstanden wurde.

    Die Netzsperren betreffen jeden der ach so blitzgescheiten Web 2.0 User; deshalb geht das mit der Petition auch ratz-fatz. Die NPD hat einen nicht ganz so großen Freundeskreis, deshalb kann man ja auch dagegen sein, dann bocken uns Grundrechte wie die Meinungsfreiheit und dit janze Pipapo auch nicht.

    Dann lieber für gar nichts sein und einfach mal die Fresse halten.

  3. Erinnert sich noch einer an den besonderen Reiz, den alles Verbotene auf uns als Kinder ausübte? Ist’s nur ordentlich mit Sanktionen, Verboten und Pfui-Rufen belegt, wird’s erst richtig verlockend. Das ist allerdings nur die eine Seite der Medaille: Ich persönlich denke lieber selbst, als das von anderen qua Vorschriften und Regulierung für mich erledigen zu lassen. Die Forderung nach staatlichem Eingreifen ist ein bequemer Weg, die Verantwortung für eigene Werte und daraus folgendes Handeln auf andere abzuwälzen.

  4. Manuel

    Das Problem mit den Rechten ist mit einem NPD-Verbot natürlich nicht aus dem Weg geräumt. Die Aktivisten gibt es dann ja immer noch. Deshalb darf man natürlich nicht auf Aufklärung und Bildung verzichten!

  5. Hi Don,

    netter Gedanke, aber irgendwie passt der Vergleich nicht: Bei der Kritik gegen staatlicher Zensur geht es darum, dass Willkür und Intransparenz einer staatlichen Institution befürchtet werden. Die Sache in Twitter ist aber eine Community-Entscheidung: Ein nicht unerheblicher Teil der Nutzer dieser Community möchte gern zum Ausdruck bringen, dass sie mit Nazis nichts am Hut haben wollen. Das tut man auf der Plattform am sinnvollsten durch das gesammelte Blocken des Accounts. Das sollte legitim sein.

    Hier drängt sich der Vergleich mit der Realität auf: Nazidemos werden ja glücklicherweise auch immer wieder von Anwohnern und Nazigegnern verhindert bzw. gestört. Es ist richtig, dass der Staat im gesetzlichen Rahmen operiert und die Demos und damit verbundene Meinungsäußerung zulässt, aber es ist auch richtig und wichtig, dass dieser Meinung etwas entgegengesetzt wird.

    So wie ich das sehe passiert gerade nix anderes auf Twitter. Einen Vergleich zur staatlichen Netzzensur sehe ich dabei nicht.

  6. Von einem „Verbot“ des Accounts kann gar keine Rede sein. Vielmehr treten die Nutzungsbedingungen des privaten Anbieters Twitter in Kraft. Diese wurden von uns Nutzern akzeptiert, mitsamt dem folgenden Absatz:

    „We may, but have no obligation to, remove Content and accounts containing Content that we determine in our sole discretion are unlawful, offensive, threatening, libelous, defamatory, obscene or otherwise objectionable or violates any party’s intellectual property or these Terms of Use.“

    Unerhört – da will der Anbieter ganz allein entscheiden, was für Inhalte er für bedenklich hält und welche nicht. Eigentlich müsste man gegen diese ToS protestieren.

    Wenn ein Account von einer Vielzahl anderer Accounts geblockt wird, ist das erst einmal ein Spam-Indikator für Twitter. Einen Lösch-Automatismus ohne jegliche Prüfung scheint es jedoch nicht zu geben, siehe hier: http://blog.twitter.com/2008/08/turning-up-heat-on-spam.html#links

    Das Blockieren des Accounts ist für mich ein symbolischer Akt Marke „Deine Stimme gegen Rechts“. Hier wird ein politischer Willen zum Ausdruck gebracht, was absolut legitim ist. Es wäre ungeheuer naiv zu glauben, dass durch eine vermeintliche Löschung des Accounts die NPD in ihrer Kommunikation eigeschränkt würde.

  7. euphoriefetzen

    @ToBa,

    wenn du twitter zwingst, die npd für einen spamaccount zu halten, machst du aber deren informationen nicht mehr zugänglich für menschen die zugang zu ihn haben wollen. ergo zensur.
    ein legitimer aufruf wäre z.b. gewesen, sich mit ihren müll, den sie dort verbreiten, auseinanderzusetzen, drüber lustig zu machen oder alle follower der npd zu entfollowen.
    aber eine erzwungende abschaltung hat doch etwas sehr anrüchiges.

  8. Wie tragfähig ist eine Freiheit, die die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden – auch mit Extremen – scheut und statt dessen lieber verbietet?

  9. Danke für den Artikel …

    … gegen die Internet-Zensur protestieren, aber offensichtlich selbst nicht besser sein.

    Nur der Klarheit wegen, ich bin absolut gegen diese brauen Gesinnung, aber so kann es auch nicht gehen.

    Man muss diesem Account ja nicht folgen!

  10. Manuel

    @ Jürgen: wie funktioniert es denn dann? Einfach ignorieren und wegsehen? Na so wurden in der Vergangenheit ja schon einige Probleme gelöst … Bleibst du dann auch zu Hause, wenn Nazis in deiner Stadt aufmarschieren? Weil: man muss deren Meinung ja unbedingt akzeptieren? Man muss ja nicht hinhören, was die da sagen?
    Also sorry, aber so eine dünne Argumentation hab ich selten gehört!

    Im übrigen steht im Impressum dieses Blogs: «Ich behalte mir vor, Beiträge zu löschen.» Na sowas, das ist ja Zensur …

  11. @Manuel: Zu einer Gegendemo zu gehen ist eine völlig andere Sache, als zu veranlassen, dass ein Account gesperrt wird. Denn bei der Demo zeige ich ja, dass ich auch gewillt bin, die Argumente der anderen zu lesen und etwas dagegen zu halten. Wenn ich etwas weg schließe, nehme ich mir selber diese Handlungsebene weg. Das Motto gegen Rechts heißt auch „Arsch hoch, Zähne auseinander“ und nicht „Löschen und wegschauen“.

    Das ich mir hier vorbehalte Kommentare zu löschen hat auch nichts mit Zensur zu tun. Wenn hier Kommentare gegen geltendes Recht verstoßen, muss ich das sogar tun. Analog dazu: Wenn die NPD rechtstaatlich verboten ist, dann kann auch deren Accounts stilllegen lassen.

  12. Manuel

    @Don: Na aber wenn ich auf den NPD-Account gehe um ihn zu blocken muss ich mich wohl auch mit den Parolen auseinandersetzen. Außerdem bin ich nicht wirklich gewillt, die «Argumente» der Rechten zu lesen. Seit wann gab es denn da was neues? Man bekommt sie halt mit, aber aktiv lesen will ich die eigentlich nicht. Wie eingangs schon erwähnt, ich kann mit Argumenten dagegenhalten. Nur wenn ich auf Twitter «@npdde was ihr da schreibt ist aber nicht ok!» schreibe ist das doch ein totaler Griff ins Klo. Die freuen sich doch noch eher, dass jemand deren Scheiß gelesen hat.

    Das rechte Problem ist auch damit nicht gelöst, dass der NPD-Account gelöscht ist. Es heißt auch weiterhin, Arsch hoch!
    Ich denke auch nicht, dass von wegschauen die Rede sein kann. Wenn ich den Account blocke, dann tue ich doch aktiv etwas dagegen.

    Dass Kommentare nur gelöscht werden, wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen, steht so nicht im Impressum. Sorry, dass ich hier Korinthen kacken muss, aber ebenso pinibel waren wir bei der Kritisierung der Wortwahl im Zensursula-Gesetzesvorschlag.

  13. euphoriefetzen

    @Manuel
    „Na aber wenn ich auf den NPD-Account gehe um ihn zu blocken muss ich mich wohl auch mit den Parolen auseinandersetzen. Außerdem bin ich nicht wirklich gewillt, die «Argumente» der Rechten zu lesen.“

    nicht alles, was hinkt, ist auch ein vergleich.
    abgesehen davon, kannst du auch direkt aus deiner followerliste blocken.

  14. Manuel

    @euphoriefetzen Dazu müsste ich allerdings erstmal denen folgen bzw. die mir …

  15. […] intelligentes dazu posten.Doch dank meiner onlinigen Abwesenheit komme ich zu spät. Denn der gute Don Dahlmann hat schon alles gesagt: Was mich nervt, sind aber so Aufrufe, die dann darauf hinaus laufen, dass […]

  16. Ja. Du hast ja recht. Tschuldigung. Ich machs nicht wieder. Echt nicht.

  17. Noch mal: Die Sperrung des Accounts auf Grundlage vieler Blockierungen ist kein Automatismus! Vielmehr wird das von Twitter als Alarmsignal gewertet, sich den Account genauer anzuschauen. Ob dieser dann gesperrt wird, ist ganz allein die Entscheidung von Twitter. Wir Nutzer geben lediglich eine klare Empfehlung ab. Wenn Biz & Co. sagen, die NPD auf Twitter geht schon klar, können wir noch so viel blocken. Dann bleibt der Acount eben.

    Ich finde die Diskussion hier etwas einseitig und pflichte Manuel in seiner Haltung bei. Denn die „Auseinandersetzung mit Andersdenkenden“ ist meinem Entschluss, @npdde zu blocken, natürlich vorausgegangen. Ich habe mich mit der Geisteshaltung der NPD und vieler anderer rechtsextremen Grupperungen ausführlich auseinandergesetzt. Ich kenne auch PI, Pro Köln und den stillen Antisemitismus, der in nicht wenigen deutschen Köpfen noch vorhanden ist. Überzeugungsarbeit für die richtige, nämlich demokratische Sache, ist immer wichtig – kommt aber bei den Ewiggestrigen nicht weit. Wenn es gilt, Otto Normalbürger zu überzeugen, immer gerne. Aber wie bitteschön soll ein Herr Voigt überzeugt werden? Gar nicht. Er glaubt an seine Sache. Und diese Sache gilt es zu bekämpfen, auf allen Ebenen. Antifaschismus ist eine Grundhaltung.

    Ich möchte kein NPD-Stadtteilbüro in meinem Kiez, ich habe letzte Jahr zusammen mit vielen anderen versucht, eine NPD-Demonstration in Frankfurt zu verhindern und ich kann auch auf die NPD bei Twitter verzichten.

    Das hat nichts mit Zensur zu tun – Zensur wäre ein generelles Publikationsverbot für die Partei. Das gibt es jedoch nicht und das ist auch gut so. Wenn die NPD weiter microbloggen möchte, kann sie das tun, zum Beispiel mit einem eigenen Laconica-Server. Daran kann sie niemand hindern.

    Was auf Twitter geschieht, entscheiden letztendlich die Besitzer, niemand sonst. Aber Twitter ist auch eine Marke und als Nutzer sind wir alle Teil dieser Marke. Ich möchte nicht Teil von etwas sein, dass von Rassisten und Faschisten für Propaganda genutzt wird. Deshalb blocke ich @npdde. Deshalb legen auch Marken wie New Balance oder Fred Perry wert darauf, ganz deutlich klarzustellen, dass sie mit rechter Gesinnung nichts am Hut haben.

  18. Ist das womöglich der Grund, warum der billige Pornoheini auf Antville trotz ewiger Diskussionen immer noch online ist? Den darf man meinetwegen genauso löschen wie irgendwelche Suchmaschinenoptimierungsblogger. Es gibt kein Bürgerrecht auf ein kommerzielles Antvilleblog, und das ist auch gut so.

    Zensur ist, wenn der Staat sperrt.