Udo Vetter hatte heute einen Link auf seiner Seite zu einem Bericht des Online Portals „Main-Spitze„. Als ich den Bericht las, fiel meine Kinnlade ziemlich weit nach unten.
Nicht mal nur wegen der Tatsache, dass die Polizei aus einem „freiwilligen“ DNA-Massentest eine Zwangsmassnahme bei einigen macht, die den Test nicht machen wollten. Ich kenne die Hintergründe der Tat nicht, ich kenne den Betroffenen nicht und man sollte nicht vergessen, dass es hier um einen Mord geht. Man kann wohl aber feststellen, dass es mal wieder ein Beispiel für dafür gibt, dass vorhandene technische Möglichkeiten immer wieder bis an Rand des Rechts und darüber hinaus eingesetzt werden könnten, wenn sie zur Verfügung stehen. Aber wie die Beweislage genau ist, kann ich nicht sagen, deswegen ist Vorgehensweise der Polizei von meiner Stelle aus nicht kritisierbar.
Mehr habe ich mich über den Ton des Artikels gewundert. Da ist zum Beispiel der Absatz:
Drei Personen allerdings wohnen hier in Deutschland, haben aber eine Teilnahme am Test verweigert. Bei ihnen wird nun eine härtere Gangart eingelegt, sie werden nicht mehr als Zeugen, sondern als Beschuldigte behandelt. Das bedeutet nach Auskunft von Stein, dass sie im Polizeicomputer von nun automatisch als potenzielle Mörder enthalten sind.
Insofern versteht der Beamte bei dem widerspenstigen Taxifahrer und Briefträger aus Klein-Gerau, mit dem er schon mehrfach Kontakt in der Angelegenheit hatte, nicht, warum er nicht doch lieber freiwillig mitmachte. Zumal das Ergebnis ja nun das gleiche ist.
Da habe ich gleich dreimal schlucken müssen. Man wird in den Datennetzen der Polizei als „potenzieller Mörder“ markiert, wenn man einen „freiwilligen“ DNA-Test ablehnt? Was ist das überhaupt für eine Klassifizierung „potenzieller Mörder“? Und wird die wieder gelöscht, wenn der Test nichts erbringt? Hätte der Autor des Artikels, Ralf Schuster, da nicht mal ein wenig kritisch nachhaken können? So ein bisschen wenigstens? Das ein Mord aufgeklärt werden muss – keine Frage, aber als ich das letzte Mal (heute morgen) wach wurde, galt in Deutschland immer noch die Unschuldsvermutung. Dass das bei einer polizeilichen Ermittlung nicht immer der Fall ist, ergibt sich aus der Natur der Sache, aber zumindest die Presse sollte, wenn sie keinen anderen Fakten liefern kann, das Prinzip sinnvollerweise aufrecht erhalten.
Daran scheint dem Autor aber nichts zu liegen. Ein paar Sätze später beschreibt er die Suche nach weiteren Kandidaten für den Test so:
Von den übrigen zwei Verdächtigen kommt einer aus der Nähe von Darmstadt, ihn nimmt man sich in Kürze noch vor.
Hübsch formuliert. Der Mann, dessen DNS zwangweise genommen wurde, äußert sich in den Kommentaren (auf Seite 2). Naja, wieder ein nettes Beispiel für meine Schulungen, wie man es nicht nicht macht.
2 Antworten zu „DNA-Test – Man freut sich bei der „Main-Spitze““
Ich kenne den Autor nicht, aber auch in den von dir zitierten Absaetzen sehe ich nicht unbedingt einen „harten“ Ton. Die „haertere Gangart“ und das „sich in Kuerze vornehmen“ kann eine indirekte Wiedergabe der Worte oder zumindest des Stils der Beamten sein.
Dass der Autor nicht die notwendige Sorgfalt hat walten lassen bzgl. der Recherche usw. mag sein (wobei ich mir bei einem Lokalblaettchen auch gut Resourcenprobleme vorstellen kann), aber dass der Autor aufgrund seines Artikelsstils direkt konform mit dem Verhalten von Staatsanwalt und Polizei geht, da waere ich mir nicht so sicher. Dazu ist der Artikel zu wenig „Kommentar“.
Manche Absaetze auch z.B. der letzte und die Ueberschrift lassen bei mir zumindest Zweifel aufkommen. So glaskar scheint mir das nicht. Kann es sein, dass du hier ein wenig voreingenommen warst?
hier ein link zum juristischen hintergrund:
http://blog.beck.de/2009/05/14/freiwilliger-dna-test-wird-zum-zwang-%E2%80%93-wer-verweigert-wird-beschuldigt