Rauswurf bei Überbuchung auch in Deutschland?

Den United Airlines Flug 3411 von Chicago nach Louisville werden die Passagiere nicht so schnell vergessen. Da der Flug überbucht war und vier United Angestellte nach Louisville mussten um am folgenden Tag einen Flug zu übernehmen, mussten vier Passagiere das Flugzeug verlassen. Man stellte für den Flugverzicht 800 Dollar und eine Hotelübernachtung in Aussicht, aber niemand wollte sich darauf einlassen. Per Computer wurden dann vier Passagiere ausgewählt, die den Flieger verlassen mussten. Eine der ausgewählten wollte nicht und wurde dann von Sicherheitskräften nach aus dem Flugzeug gezerrt. Andere Passagiere filmten das Drama und ein paar Stunden später steckte United in einer massiven PR-Krise.

Das Recht ist auf Seiten der Fluglinie. Die darf bestimmen, wer auf einen Flug darf und wer nicht. Das gilt auch für Passagiere, die schon ihren Sitzplatz eingenommen haben. Die AGB von United sind da völlig klar.

Warum Überbuchen Fluggesellschaften ihre Flüge?
Einige Airlines überbuchen ihre Maschinen regelmäßig um die Auslastung möglichst hoch zu halten. Statistisch gesehen gibt es für jeden Flug eine „No-Show“ Rate, also Passagiere, die zwar gebucht haben, aber nicht auftauchen. Manche Gesellschaften rechnen bei Flügen, die sehr voll sind, diese „No-Show“ Rate mit ein. Tauchen wider Erwarten alle Passagiere auf, kommt es zu diesen Überbuchungen.

Kann sowas auch in Deutschland passieren?
Selbstverständlich. Die Beförderungsbedingungen der Lufthansa sagen dazu unter dem Punkt 14.5.1.: „Bei der Vergabe der verfügbaren Plätze werden wir unbegleiteten Kindern, kranken und behinderten Fluggästen Vorrang einräumen. Ansonsten werden die Fluggäste in der Reihenfolge ihres Eintreffens und unter angemessener Berücksichtigung ihrer Interessen zur Beförderung angenommen.“ Auch bei Eurowings und Air Berlin finden sich ähnliche Passagen.

Wie kann man sich dagegen wehren?
Gar nicht. Die Fluglinie kann bestimmen, wer mitfliegen darf und wer nicht. Allerdings hat man in der EU bei einem Rauswurf das Recht auf eine Erstattung. Wie im Fall von United wird diese Erstattung meist sofort angeboten. Aber anders als im Fall von United, wo 800 Dollar als Gutschein angeboten wurden, hat man in der EU das Recht auf eine Bargelderstattung. Am Flughafen selber wird einem meist aber auch nur ein Gutschein angeboten.

Wie wählen die Airlines aus, wer rausfliegt?
Kinder und Menschen mit Behinderungen sind von einem Rauswurf nicht betroffen. Jeden anderen kann es treffen, unabhängig von der Buchungsklasse. Die meisten Airlines vermeiden es aber ihre Gäste aus dem Flugkabine zu zerren. Stattdessen geht man nach der Reihenfolge des Erscheinens, bzw. des Check-Ins. Wer als letzter am Schalter ist kann Pech haben und rutscht auf die Warteliste.

Gibt es Tricks um sich vor einem Rauswurf zu schützen?
Es gibt ein paar Möglichkeiten, die einen Passagier bei einer Überbuchung helfen können. Hat man bei einer Fluglinie einen besonders hohen Status, ist die Chance für einen Rauswurf gering. Wer als „HON“ oder „Senator“ bei Lufthansa fliegt, wird eher mitgenommen, als jemand ohne Status.
Auch die Buchungsklasse macht einen Unterschied, selbst in der Economy. Airlines haben eine Fülle von unterschiedlichen Buchungsklassen, die mit Buchstaben gekennzeichnet sind. Bei der Lufthansa gibt es allein in der Economy die Klassen: Y, B, M, H, X, V, W, Q, S, G, K, L, T, E, U. Dabei stehen „B“ und „Y“ für die teuersten Tickets, „K“ und „L“ für die günstigsten Tickets. Bei Überbuchungen entscheidet dann auch, ob jemand den vollen Preis für ein Ticket gezahlt hat, oder man ein Ticket zum Discount-Preis gebucht hat.

Am Rande bemerkt: Das war ein kurzer 50 Minuten Flug über knapp 480 Kilometer und nicht quer durch die USA. Ein bisschen rätselhaft ist mir, warum United da keine andere Lösung gefunden hat. Mietwagen für die Passagiere oder die Crew, die fliegen sollte.

2 Antworten zu „Rauswurf bei Überbuchung auch in Deutschland?“

  1. Sonya Winterberg

    Lieber Don,
    Deine Einschätzung „Kann sowas auch in Deutschland passieren? Selbstverständlich“ halte ich für irreführend. Der Skandal ist ja nicht, dass ein Passagier wieder aussteigen muss, sondern dass er so rabiat von Bord geschleift wurde, dass es sich nach amerikanischem Recht wahrscheinlich um schwere Körperverletzung handelt. Die Lufthansa hat im übrigen dementiert, dass „sowas“ auch in Deutschland passieren kann und meinte damit nicht nur die Behandlung des Passagiers, sondern dass Fluggäste, die bereits eingestiegen sind, wieder aussteigen müssen. Überbuchungen werden in aller Regel vor dem Boarding gelöst und während die Buchungsklassen formal eine Rolle spielen, würden in einem ähnlich gelagerten Fall in Deutschland die letzten Passagiere nicht mehr an Bord gelassen, damit ggf. die Crew mitfliegen könnte. Es hätte eine Menge Möglichkeiten gegeben, diesen Fall anders zu lösen (die Cash-Variante war ja auch noch nicht annähernd ausgereizt)…

  2. […] United Airlines war diese Woche in den Schlagzeilen: Sie haben einen Passagier gewaltsam aus einer voll besetzten Maschine geholt, weil sie den Platz selber brauchten. Don Dahlmann hat sich darüber schlau gemacht, ob das in Deutschland auch so ablaufen könnte. […]