Die Sache mit den falschen Verbrauchswerten

Ein bisschen wundern kann man sich ja schon. Seit ein paar Tagen haben ein paar Politiker, darunter Bärbel Höhn (Link via Kai Schmalenbach)entdeckt, dass die Verbrauchsangaben der Autohersteller aber auch so gar nichts mit der Realität zu tun haben. Da tauchen dann jetzt Grafiken auf, die belegen sollen, dass manches Automobil bis zu 40% mehr verbraucht, als der Hersteller angegeben hat. Dabei ist das Problem wirklich schon sehr, sehr lange bekannt. Ich habe im letzten Jahr bei der Gründerszene dazu schon mal geschrieben, aber hier ein Update.

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Der NEFZ-Zyklus ist ein von Industrie und Politik ausgehandelter Weg, einen einheitlichen Maßstab für die Messung des Spritverbrauch zu finden. Eingeführt wurde der NEFZ in den 90er Jahren, seitdem hat man hier und da leicht angepasst. Aber im Grunde hat der NEFZ nichts, aber auch wirklich gar nichts mit der Realität zu tun.

Die Messung findet auf einem Prüfstand statt, also in einer Halle. Die Temperatur in der Halle darf bis zu 30 Grad betragen, ebenso darf das Auto auf diese Temperatur vorgeheizt werden. Man darf des Weiteren: Die Reifen bis zur Grenze des Erlaubten aufpumpen. So reduziert man den Rollwiderstand, weil die Reifen so weniger Auflagefläche haben. Fugen und Spalten können abgeklebt werden, so senkt man den Luftwiderstand. Ebenfalls kann man die Lichtmaschine abklemmen, eine Klimaanlage muss nicht laufen. Für eine gesamte Modellreihe (mit einem Motormodell) kann für die Messung das leichteste Basismodell nehmen, der Tank muss nicht voll sein. Das ist noch nicht mal Betrug, wie manche Medien nun verkünden, sondern alles erlaubt.

Der Zyklus selber besteht aus einer simulierten 11 km lange Strecke, 60% davon wird als Stadtverkehr ausgegeben. In der Stadtfahrt steht das Auto mehr als vier Minuten. Beschleunigt wird so gut wie gar nicht, man braucht ca. 20 Sekunden um 50 km/h zu erreichen. Das ist ein bisschen mehr als der Leerlauf des Motors. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 120 km/h.

Noch bescheuerter sind die Verbrauchsmessungen bei Plugin-Hybriden. Die müssen den Zyklus zweimal fahren, einmal mit vollen, einmal mit leeren Akkus. Die Reichweite der meisten Plugins liegt zwischen 25 und 50 km (nach NEFZ), man fährt also eine Strecke komplett mit dem E-Motor. Über eine komplexe Formel fasst man beide Verbräuche zusammen, wobei der Wert des Verbrauches des E-Motors bei Null liegt. So kommt es dann, dass Plugin-Hybride mit Verbrauchswerten von 2 bis 3 Litern angegeben werden, auch wenn es 2.5 Tonnen schwere SUVs sind.

Ich habe bei meinem diversen Testfahren über die letzten Jahre immer wieder versucht den NEFZ-Verbrauch einzuhalten. Tatsächlich bin ich zweimal rangekommen. Einmal bei einem Audi A3 TDI, einmal bei der S-Klasse (S 500). Meine Fahrweise bestand dabei daraus, den Wagen auf der Landstrasse möglichst rollen zu lassen, nicht schneller als 80 km/h zu fahren und das Gaspedal habe ich nur vorsichtig angehustet. Man kommt also ran, aber die Fahrweise ist völlig unrealistisch.

Das Problem mit dem NEFZ ist nicht allein, dass man niemals die Verbrauchswerte der Hersteller erreicht. Damit könnte man leben. Schwierig ist die Tatsache, dass im NEFZ logischerweise auch der CO2-Ausstoss berechnet wird. Je weniger man verbraucht, desto weniger CO2 kommt hinten raus. Wenn man aber mehr in der Realität mehr verbraucht, dann steigt auch der CO2-Ausstoss. Das ist aus zwei Gründen dann fragwürdig.

Zum einen bemisst sich die Steuer u.a. auch nach dem CO2 Ausstoss, aber da kann der Verbraucher ja nichts für, was der Hersteller angibt. Zum anderen berechnet sich aber auch der Flottenverbrauch und CO2-Ausstoss der Hersteller nach dem NEFZ. Wenn es sehr, sehr böse formulieren würde, könnte man sagen, dass die Hersteller (und zwar alle, weltweit) einerseits Brüssel bescheissen, andererseits entgehen dem Finanzamt Einnahmen, weil die Kunden weniger bezahlen, als sie eigentlich müssten, wenn man einen realistischen Verbrauch berechnen würde.

Der NEFZ wird Ende 2017 abgeschafft und durch den Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTP) ersetzt, der angeblich 25% höhere Verbrauchswerte auswerfen soll. Aber hier kann man die Klimaanlage abschalten etc.

Das Problem mit realistischen Verbrauchsangaben ließe sich im übrigen sehr leicht lösen. Zur Vorstellung eines neuen Motors/Modells gibt der Hersteller einer seiner Meinung nach realistische Angabe zum Verbrauch. Innerhalb des ersten Jahres müssen die meisten Neuwagen zur Inspektion in eine Vertragswerkstatt. Die Motorelektronik speichert schon jetzt den Gesamtverbrauch. Man müsste einfach alle Verbräuche eines Modells erfassen und einen Mittelwert ausrechnen. Bei mehreren 10.000 Fahrzeugen müsste mal alle Fahrertypen dabei haben. Vom Rasen bis zum Sparer. Nach einem Jahr hat man dann eine verlässliche Angabe, Steuer und Flottenverbrauch werden, wenn der Verbrauch in einem Rahmen von sagen wir mal 15% die Erstangaben übersteigt, mit den neuen Angaben justiert. Aber das wäre vermutlich zu einfach.

2 Antworten zu „Die Sache mit den falschen Verbrauchswerten“

  1. […] Und die Automobilindustrie ist wieder ins Gerede gekommen, diesmal wegen Tricksereien beim Benzinverbrauch. Don Dahlmann erklärt. […]

  2. […] noch kurz beim Verkehr zu bleiben, Don Dahlmann erklärt die Details zu den gefälschten Verbrauchswerten von PKWs etwas genauer, als man es auf den meisten Nachrichtenseiten finden kann. Mit Lösungsvorschlag, wie […]