Warum Verlage ihre Webseiten behalten sollten

Johnny schrieb gestern bei der wired:

„Für die Anbieter von Inhalten ist der virtuelle Ort, an dem sich Menschen treffen, um sich miteinander auszutauschen, der einzige noch relevante Ort. Und wenn Facebook, Snapchat und Co. die neuen großen Nachrichtenkanäle sind, könnte es sogar passieren, dass sie genauso wie die alten agieren und in naher Zukunft professionelle Content-Lieferanten bezahlen werden, um die eigene Attraktivität zu steigern und hohe Werbeumsätze zu generieren.“

Daraus schließt er, dass Verlage ihre Webseiten dicht machen sollten um mehr in den sozialen Netzwerken unterwegs zu sein. Davon abgesehen, dass es keiner machen wird, denke ich, dass es andere und vor allem bessere Lösungen gibt, wie man Leser gewinnen kann.

Mag sein, dass Buzzfeed 75% seiner Leser auf Facebook und Twitter einsammelt. Mag auch sein, dass Snapchat und WhatApp neue Kuratier- und Aggregatoren sind. Aber am Ende landen die Leser halt doch wieder auf der Webseite. Zum einen, weil dort die News/Artikel gebündelt sind, zum anderen weil Webseiten eine bessere Darstellung zulassen.

Eine Webseite, ein Blog oder was auch immer, ist für mich sowohl End- als auch Ausgangspunkt einer Reise. Hier habe ich die Möglichkeit Leser zu binden, zum Beispiel auch damit, dass ich sie wieder zu interessanten Links weiterschicke. Wenn ich als Hub agiere, kommen die Leser auch ohne den Umweg eines sozialen Netzwerkes. Gleichzeitig stellt sich ja auch die Frage: Wer sagt, dass Facebook in drei Jahren noch „das“ Aggregations Netzwerk sein wird? Vielleicht wird es Sapchat. Vielleicht aber Kollaborationsplattformen wie tumblr oder Storify? Vielleicht auch ganz was anderes, wie „Medium“.

Was sich Verlage durchaus überlegen müssen, ist die Darreichungsform der Nachrichten und Informationen. Alle, aber wirkliche alle deutschen News-Webseiten funktionieren im Grunde noch wie 1995. Es geht um den Abdruck überarbeiteter Meldungen. Statt auf Papier halt im Web. Zwar hat sich der Schreibstil (Danke, SEO) massiv verändert, aber grundsätzlich ist da nicht viel passiert. Der Aufbau „Bild, Einleitung, Text“ wurde nur um den Bereich „Kommentar“ erweitert.

Es fehlt eine ganze Menge an Elementen, die das Lesen erweitern würden. Bei Meinungsstücken eine Gegenüberstellung anderslautender Meinungen. Der im letzten Jahr mit dem Grimme Online Award ausgestattete „Pressekompass“ macht das ganz wunderbar und er kommt ja hier und da bei Spiegel Online zum Einsatz. Aber im Grunde noch viel zu selten. Genau dieses Fehlen einer Gegenüberstellung anderer Meinungen führt ja unter anderem auch zu Ausrufen wie „Lügenpresse“.

Ebenso fehlen Videos. Ich meine nicht die teuren Reuters-Schnipsel. Man muss nur sehen, welche Formate im deutschsprachigen YouTube funktionieren oder warum LeFloid so erfolgreich ist. Klar, man kann sagen „Je nun, das sind ja keine Nachrichten“. Oder: „Die Aufarbeitung passt nicht. Ist zu flach.“ Habe ich letztes Jahr genauso gesagt. Und ich habe falsch gelegen. Wenn sich Jugendliche zu Hunderttausenden täglich ihre News lieber bei LeFloid abholen, dann sollte man seinen Dünkel schnell ablegen. Nicht die Jugendlichen begehen einen Fehler, wenn sie sich ihr Format der Nachrichten aussuchen, sondern die Verlage und Redaktionen, wenn sie diese Zielgruppe ignorieren oder sagen, dass man diese Generation eh nicht für Nachrichten interessieren kann. Das Interesse ist da, die Aufarbeitung passt nicht.

Und genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass Verlage ihre Webseite behalten und auch noch weiter ausbauen. Sie bieten die Möglichkeit einerseits die Kontrolle über das zu behalten was man veröffentlichen will (und darf) und sie bieten die Chance neue Formate auszuprobieren und neue Vermittlungsstrukturen zu etablieren.

Eine Antwort zu „Warum Verlage ihre Webseiten behalten sollten“

  1. Hier, kennste? http://www1.wdr.de/fernsehen/aks/themen/3sechzich/ Website und SocialMedia, muß ja kein entweder/oder sein. (Die Umsetzung ist dann noch etwas anderes, aber die Richtung stimmt.)