Ich block dich

Das kam jetzt etwas überraschend, die Anti-Adblocker Kampagne von Sponline, FAZ, SZ & Co. Verständlich ist sie dennoch, irgendwo muss das Geld für den Online-Journalismus ja herkommen, besonders, nach dem die Quer-Subventionierungen (Print-> Online) auch nicht mehr geht. Online braucht mittlerweile (wenn man es richtig macht) auch nicht viel weniger, als eine Print-Redaktion. Verständlich, dass die Verlage versuchen mittels Solidaritätsaufruf den Leser zu bitten, den Adblocker auszuschalten. (Den Witz, von wegen viele Leser über die Kampagne erst usw. spare ich mir jetzt mal)

Interessant ist es aber doch, weil Portale aufrufen, die nicht gerade reichweitenschwach sind. Klar, noch mehr Auslieferungszahlen bringen noch mehr Geld in Kasse, vielleicht erhöhen sich auch die Klickraten im tausendstel Prozentbereich. Manchmal ist ja wirklich was bei, dass einen interessieren könnte (Targeting scheint ja auch noch eher die Trefferquoten von Esoterik zu haben). Und ja, auch die vermeintlich „Großen“ brauchen Geld und stehen unter dem Druck, den Gewinn zu erhöhen. Deutlich mehr leiden aber kleinere und mittelgroße Portale unter den Adblockern. Ich kenne mich da aus, drüben auf dem „Racingblog“ sind die Klick- und Auslieferungszahlen bei ab und an geschalteten Banner auch sehr übersichtlich. Ein Rectangle mit einem halbwegs interessanten Video bringt in ein paar Tagen vielleicht 4.000 Aufrufe. Bei schmalen TKPs, die bei Seiten dieser Größe gerne einstellig sind, kann man sich vorstellen, was das bringt. Ich müsste das Blog mit Banner voll hauen, dann würde es sich vielleicht im Monat lohnen, was aber dazu führen würde, dass die Leser zum Adblocker greifen. Ein weiteres Problem ist, dass ich die Werbung nur schwer steuern kann, wenn ich in einem der üblichen Netzwerke bin und auf Werbung bestimmter Firmen habe ich auf meinen Seiten einfach keine Lust. Aber das nur am Rande.

Die Werbeform ist ja auch gerne ein Thema. Auch bei den Portalen, die bei diesem Aufruf mitmachen, erscheinen, oder erschienen in der Vergangenheit, Layerwerbungen, Popups und andere unschöne Dinge. Das aktuelle „BlingBling“ mit Flash/HTML5/gif Banner macht es einem auch nicht leichter, den Abblocker auszuschalten. Aber das ist eine Frage der persönlichen Ästhetik. Andreas von Gunten hat da noch etwas mehr zu, vor allem zu dem Punkt, dass die Werbeschalter sich zu wenig Gedanken über diejenigen machen, die sich die schrottigen Banner anschauen müssen.

Eine andere Frage ist, welche Daten über die Banner ausgelesen werden. Da werden Cookies gesetzt, die Trackingcodes haben und auch wenn das ganze mehr oder weniger anonym ausgelesen wird. Ironischerweise hat die „Zeit“ da letztes Jahr einen erhellenden Artikel zum Thema veröffentlicht. Cookies und Supercookies sind eine Pest, selbst wenn man sie, mit einigem Aufwand löscht. Programme wie „Ghostery“ helfen da wenig weiter, weil sie Trackinganfragen zumindest teilweise blockieren. Ein weiteres Problem mit Banner ist, dass die Auslieferungsserver gerne auch mal gehackt werden. Mit einem umprogrammierten Banner kann man dann einen Rechner angreifen.

Das ist alles sehr unschön und verkompliziert die Lage zusätzlich für User und Verlage, denn die User wollen ja netten Content, die Verlage brauchen wiederum Geld, um guten Journalismus zu finanzieren. Dem Thema Crowfunding haben die Katharina Borchert, Stefan Plöchinger und Jochen Wegner auf einem Panel der republica zu Recht eine Absage erteilt.

Ich vermute, dass die Aktion wenig bringen wird, was ich bedauerlich finde. Vermutlich ist es der Beginn einer langen Argumentationskette der Verlage, die zu Paywalls führen wird. Nach dem Motto: „Wir wollten ja nicht, wir haben ja gebettelt, aber ihr wollt es ja nicht anders“. Jedenfalls sehe ich bei zurückgehenden Erlösen aus dem Printbereich wenig Spielraum für die Verlage, auf Pay-Walls verzichten zu können. Man könnte jetzt zynisch sein und sagen, dass man mit Artikeln, die hinter der Bezahlschranke liegen auch keine Probleme mit LSR bekommt, aber würde nur teilweise stimmen. Am Ende stirbt dann ein Stück Informationsfreiheit, die zugebenermaßen auf der Utopie beruhte, das werde sich im Netz schon irgendwie lösen können. Aber das Problem der Finanzierung besteht seitdem es das Netz gibt und bisher ließ sich weltweit kein Konzept zur Finanzierung des Journalismus finden, das nicht in irgendeiner Form mit Bezahlung zu tun hatte.

Einige verweisen auf „Flattr“ und andere Micropaymentlösungen. Dass das nicht so recht funktioniert, zeigt die taz, die monatlich um die 1000 Euro per Flattr einnehmen. Das reicht hinten und vorne nicht. Zudem löst es das Problem für große Portale nicht. Wie 10000Flies zeigt, kommen reichweitenstarke Beiträge oft aus dem Boulevard-Sektor. Würden sich Portale rein aus Flattr finanzieren, ist die Versuchung groß, Boulevard-Themen öfter zu bringen als eine tiefgreifende Analyse des Syrien-Konflikt.

Wie oft, könnte die Lösung in der Mitte liegen. Die Verlage drängen ihre Werbekunden dazu möglichst auf animierte Banner zu verzichten und stellen klare Regeln für das Tracking auf. Die Leser deaktivieren daraufhin ihre Adblocker, bzw. fügen für solche Seiten Ausnahmen hinzu.

Man muss im übrigen auch gar keinen Adblocker nutzen. Genauso gut kann man bei den meisten Portalen einfach die Druckansicht wählen, die meist frei von Werbung gehalten wird. Eine andere Lösung ist das Addon „Readability„. Die Webseite wird zunächst samt Werbung ausgeliefert, ein weiterer Klick und die Seite wird „aufgeräumt“ und lesbarer gemacht. Praktischerweise hat es auch eine Plattformübergreifende „Später lesen“ Funktion. Das sollte doch allen helfen.

2 Antworten zu „Ich block dich“

  1. Wenn ich mich recht erinnere war es sogar die SpOn-Seite, die mich dazu gebracht hat, einen Adblocker zu installieren. Da war irgendeine blinkende Werbung, die auch noch angefangen hat rumzuplärren, wenn man mit dem Mauszeiger drüber gekommen ist.
    Wäre Werbung statisch, hätte ich soweit kein Problem damit, dass kann ich für mich selber optisch einfach ausblenden, nur wie gesagt blinken und plärren geht gar nicht.

    Was in Zukunft für den Nutzer noch dazukommen wird, sollten die Provider tatsächlich die Downloadmenge begrenzen, dass die Leute einfach nicht einsehen, für Werbung dies Resource aufzuwenden.

    Schaltet die Werbung statisch, und ich schalte gerne den Adblocker für diese Seite ab!

  2. bastian90

    in syrien ist grad krieg. nur mal so als info. get a life.