Google vs. Apple vs. Microsoft vs. User

Die Zickigkeiten der großen Webunternehmen haben im letzten Jahr massiv zugenommen. Apple wirft Google Maps raus, ersetzt diese dann durch ein eigenes, minderwertiges Angebot, nur damit eben keiner mehr Google Maps nutzt. Google beendet den Support für den Microsoft Exchange Server, was faktisch darauf hinausläuft, dass User, die gerne Windows Phones nutzen möchten (und dafür gibt es durchaus viele Argumente) faktisch Googlemail nicht mehr nutzen können. Microsoft rät zum Wechsel zu der tatsächlich nicht ganz so schlechten Webversion von Outlook. Gleichzeitig bauen die Anbieter ihre „all inklusive“ Ökosysteme weiter aus, damit man auch nicht auf die Idee kommt zu wechseln. Und zwischen Twitter und Facebook herrscht ebenfalls kalter Krieg, was man spätestens im Herbst gemerkt haben sollte, als Twitter die Card-Unterstützung für Instagram einstellte.

Userströme wandern immer dahin, wo es das interessanteste Angebot gibt. Man nutzt Dienste eine Zeit lang, dann macht jemand was Besseres (Schöneres, Interessanteres) auf und schon ist man wieder weg. Den Massenexodus haben Friendster, MySpace, Digg und andere Seiten in den letzten Jahren erleben dürfen, die Einrichtung eines walled garden aus Angst, die User laufen wieder weg, kann man also gut nachvollziehen. Auch wenn das Ganze ein wenig an jemanden erinnert, der seinen Freund/Freundin zu Hause einsperrt, weil man Angst, er/sie könne jemanden anderen kennenlernen und durchbrennen. Die Erfahrung zeigt, dass das wirtschaftliche Einkasernieren der Kunden aber durchaus funktioniert, wenn man ihnen keine andere Wahl lässt. Oder sie gar nicht erst auf den Gedanken kommen lässt, dass es eine andere Wahl geben könnte. Im Grunde, so als Randbemerkung, eine kommunistische Einstellung.

Unter den Streitigkeiten der großen Anbieter leidet erst einmal der User, der es gewohnt ist, sich die Programme und Plattformen, mit denen er gerne arbeitet, selber zusammenzustellen. Ich mag vielleicht Googlemail, will aber lieber ein Nokia Lumia nutzen, weil die Hardware besser ist, als alles was es mit Android gibt. Warum sollte ich mir auch vorschreiben lassen, welches System, welchen Mailanbieter ich wählen darf? Natürlich – die Cloudanbieter haben hohe Infrastrukturkosten, auf der anderen Seite bekommen sie meine Daten mit denen sie (angeblich, wäre ja mal schön, wenn das klappen würde) Target-Werbung schalten. Sie verdienen also, auch wenn ich nicht bezahle, allein deswegen, weil ich ihren Dienst nutze.

Mir persönlich ist es in weiten Teilen wurscht, wer hinter welchen Dienst steckt, so lange ich das Gefühl habe, dass der Dienst all das macht, was ich erwarte und die Firma nicht komplett bescheuert ist. Ich erwarte auch, dass die Anbieter eine der Grundregeln des Netzes beachten, und so zusammenarbeiten, dass man seine gewählten Dienste auch quer durchs Netz und über alle Plattformen anwenden kann. Das ist, nur so zur Erinnerung, eines der Geheimnisse des Netzes.

Es fehlt eine Demokratisierung der Angebote. Was WordPress für die Contentherstellung geleistet hat, muss es auch für andere relevante Dienste geben. Es fehlt zum Beispiel ein Anbieter, der einen Mailserver mit einer Oberfläche versehen kann, die Ähnliches wie Google oder Outlook anbietet und für man eine eigene App erstellen kann. Gleiches gilt für Cloudspeicher, Online-Dokumente usw. Theoretisch könnte man so seine eigene Infrastruktur aufbauen, die unabhängig von den großen Anbietern macht. Vielleicht ist das auch die Zukunft, dass das Netz in die Hände der User zurück überführt wird. Johnny hatte dazu die Tage ja auch einen weit beachteten Artikel geschrieben. Zumindest ließe sich so die drohende faktisch schon laufende Aufhebung der Netzneutralität ausbremsen.

Eine Antwort zu „Google vs. Apple vs. Microsoft vs. User“

  1. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das genau die Idee hinter tent.io. Ich glaube, dass viele sich genau das wünschen, was Du beschrieben hast. Jetzt muss man nur noch versuchen, Techniker und Wünschende zusammenzubringen. Im Moment herrscht noch eine große Diskrepanz zwischen „Lieber Weihnachtsmann“ und „Hohoho (Du hast ja keine Ahnung)“. Ich dachte eigentlich, dass xml die gemeinsame Sprache wäre, aber es kann sein, dass ich mich irre.