Gabor Steingart im Spiegel über die öde deutsche Politik und den Parteienstaat:
Die deutschen Verfassungsrechtler sprechen von der indirekten Demokratie, und das klingt nicht ganz zufällig wie indirekte Beleuchtung, so als würde man den Bürgern einen großen Gefallen tun, wenn man ihnen das harte Scheinwerferlicht der Demokratie vom Leibe hält. Ein paar Kerzen tun es auch.
Don Alphonso in der FAZ über die Politiker:
Dass sich reiche Politiker selbst bedienen und vom Waffenlobbyisten Geldkoffer erhalten, liegt in der Natur der Sache und gilt fast schon als Brauchtumspflege. Der Wunsch, dabei zu sein, die Anbiederung, das Reindrängeln, das Hofieren der übrig gebliebenen Reste der besseren Gesellschaft dagegen wurde Kleinbürgern und der Mittelschicht perfektioniert. Der streberhafte Kohl, der Brioni-Schröder, der industrielle Clementismus, der Championsleague-Stoiber und nicht zuletzt das wirtschaftsbeirateske Teuerfriseuraussitzen merkelscher Prägung, das alles steht für eine Anbiederung an Kreise, die hintenrum vermutlich nicht wenig maliziös lächeln, über die Bereitwilligkeit, mit der Politiker aus weniger begüterten Kreisen für einen Brocken Anerkennung vieles zu tun bereit sind.
Mir waren Parteien schon immer suspekt, vor allem wegen ihrer Weigerung Menschen mit anderer Meinung innerhalb der Partei zu akzeptieren. Das Parteiprogramm ist das Dogma, jedenfalls bis zum nächsten Parteitag, und wer sich dagegen wendet, der ist halt ein „Quertreiber“, einer der den „Sieg gefährdet“. Wie gut überparteiliche Arbeit funktioniert, sieht man ja gerade an der großen Koalition, die sich um Winzigkeiten streitet, nur um irgendetwas den eigenen Mitgliedern gut verkaufen zu können. Und in den öffentlich-rechtlichen Anstalten werden Posten nach Ausgewogenheit der Parteien besetzt. Mit Qualifikation hat das nicht immer unbedingt etwas zu tun. Das Bla-Bla der Politik lernt man ja schon in den Jugendorganisationen der Parteien und ist man oben angekommen, dann schaut man halt wie ein rund gelutschtes Bonbon aus. Und interessiert sich vermutlich mehr für das komplizierte Geflecht der Machterhaltung, als für eine vernünftige Politik. Anders kann ich es mir zum Beispiel nicht erklären, warum wir immer noch dieses Steuersystem haben.
Na, ich freue mich schon sehr auf das Politcamp und werde dort auch die Gelegenheit haben, Dinge zu sagen. Und sicher viel lernen.
2 Antworten zu „Demokratie oder doch was anderes?“
„Das Parteiprogramm ist das Dogma, jedenfalls bis zum nächsten Parteitag, und wer sich dagegen wendet, der ist halt ein “Quertreiber”, einer der den “Sieg gefährdet”.“
das sehe ich nicht so. für mich ist ein parteiprogramm die schriftliche niederlegung der ziele auf die sich die parteimitglieder verständigt haben. und natürlich ist es so, dass jeder auch eine andere meinung hat und haben kann. aber, natürlich ist es klar, wenn jeder seine meinung zu 100 % durchsetzen will, dann bleibt er alleine, denn wenn schon 2 menschen zusammen sind, haben diese auch jeweils andere meinungen.
Du musst auch mal bedenken, wie viele Angelegenheiten, für den Bürger wenig ersichtlich und im Hinterzimmer stattfindend, in Ausschüssen geregelt wird. Da wird ganz anders miteinander gesprochen.
Und die große Koalition ist eben dann weniger handlungsfähig, wenn Wahlen, auch in den Ländern etc., anstehen. Das liegt weniger an Parteien oder am Pluralismus, sondern eher an der Tatsache, dass jeder sich eben in einer großen Koalition noch mehr profilieren will, wenn es auf Wahlen zugeht.