Ramsch Dich glücklich

Also früher, ja viel früher, als Blogs noch Blogs waren und Banken noch Banken und keine Staatsunternehmen und Schröder uns das Leben das Gas was auch immer gerettet hat, da bekam man teilweise verlockende Angebote von PR-Firmen. Die wollten – natürlich – dass man ein Produkt im Blog über eine längere Zeit freundlich erwähnt. Dafür gab es entweder das Produkt oder Geld. Oder beides. Bekanntermaßen hatten ein paar Leute, darunter ich, mal für acht Wochen einen Opel Astra, nebst 1200 Euro „Aufwandsentschädigung“, bekommen. Im Nachhinein muss ich sagen: das war zu billig, vor allem wenn ich bedenke, wie viel Nächte ich deswegen seitenlangen Kommentare auf irgendwelchen Blogs schreiben musste. Aber immerhin gab es noch Geld. Das scheint heute nicht mehr so zu sein.

Während trigami weiterhin daran arbeitet, die Werbepreise im Netz möglichst weit unten zu halten, bin ich dann heute über dieses Angebot der Firma Sixt (sixt.de/aktionen/reise-gewinnspiel/) gestolpert. Die haben ein Gewinnspiel für Blogs, dass offenbar eine hübsche SEO-Veranstaltung ist:

Beim Sixt Reise Gewinnspiel kann jeder teilnehmen, der eine eigene Webseite oder ein Blog besitzt und einen eigenständigen Artikel über Sixt schreibt. Der Artikel muss mindestens einen Link auf die Sixt.de Webseite enthalten.

Ok – kann man machen, finde ich jetzt nicht weiter schlimm. Zum Beispiel in der Variante: „Gib mir einen Backlink, ich gebe Dir dafür Meilen.“ Mag unschön sein, aber so was finde ich immer noch besser, als heimlich Linkfarmen zu bastlen. Aber es geht um ein Gewinnspiel. Ich muss also Werbung machen und weiß nicht mal, ob ich was dafür bekomme. Als ersten Preis gibt es: „1x Fluggutschein für 2 Personen in der Business Class von Cirrus Airlines“.

Nie gehört, Cirrus Airline. Klingt nach Zypern, Mittelmeer oder so was. Also schnell mal nach geschaut, wohin man denn so fliegen könnte. Auf der Webseite von Cirrus gibt es einen Streckenplan, der dann auf den ersten Blick dann doch etwas enttäuschend ist. Ein paar Städte in Deutschland und – aha – Chisinau. Ach so, Moldavien. Und nur von Frankfurt aus. Würde ich den ersten Preis gewinnen, so könnte ich immerhin Business von Berlin nach Mannheim fliegen. Hurra. Der Rest sind Preise aus dem Werbemittelschrank.

Ich verstehe das nicht. Es ist so sinnlos, auch wenn vermutlich viele an dem Ding teilnehmen, aber warum immer so halbherzig? Man kann von der Opel-Aktion halten, was man will, und GM hat es auch nicht gerettet, aber immerhin hatte Opel für etliche Wochen einen ganz schönen Buzz im Netz ausgelöst. Das war einer Dame der PR-Firma Edelman, mit der ich mich über die Aktion damals unterhalten habe, auch noch zu wenig. Die meinte, Opel hätte mindestens 10 Wagen verschenken sollen. Das hätte einen Knall gegeben.

Dem kann ich mir nur anschließen. Sixt hätte deutlich mehr davon, wenn sie 5 einigermaßen bekannte Blogger in ein Flugzeug stecken, diese auf 5 Kontinente verteilt fliegen lassen würden um sie dort mit einem Sixt-Mietwagen irgendwas erleben/machen/tun lassen. Irgendwas spannendes halt. Irgendwas, was Sinn macht und eine gewisse Nachhaltigkeit bringt. Kostet deutlich weniger, als die Ausstrahlung eines einzigen TV-Spots bei Pro7 wenn Stefan Raab läuft. Gut – das da oben kostet gar nichts, bringt aber auch nichts.

Solche Aktionen wie die oben beschriebene bringen nur langweilige Schulaufsätze mit dem Thema „Wie ich mich mal mit meinem Sixt Mietwagen im Urlaub verfahren habe.“ Wenn Firmen das so wollen – ok. Aber ich finde es immer wie erstaunlich bis erschreckend, wie gelangweilt viele Firmen mit ihrem eigenen Produkt umgehen.

5 Antworten zu „Ramsch Dich glücklich“

  1. dampfbadbiber

    5 Blogger auf 5 Kontinente, 10 Wagen verschenken. Wo leben sie? Klar, das Ding von Sixt ist lächerlich-peinlich. Aber die Unternehmen haben nichts zu verschenken. Ein Grundproblem ist, dass es in Deutschland keine einigermaßen bekannte Blogger gibt. Innerhalb einer Szene sicher, aber jeder C-Promi hat mehr Reichweite. Wir reden von unique visits in der Größenordnung 2000-4000/Tag. Das ist bei A-list blogs in Deutschland spitze. Diese Zahl übertrifft man selbst mit einem 3,50 Euro Werbespot in einem Spartenkanal zu Nachtzeit. Nun legen sie mal dar, was ihre Leserschaft von denen dieses Spartenkanals unterscheidet. Können sie nicht belegen. Also wäre für die Mediaplaner jeder Euro in ihr blog das Versenken in ein schwarzes Loch. Der Vergleich mit Stefan Raab ist aberwitzig. Der versammelt mehr als 3 Millionen in der Kernzielgruppe der 14- bis 49-jährigen vor der Glotze. Das ist die selbe Zahl, die – nach der ARD/ZDF-Onlinestudie – vom 14-Jährigen bis zum Silver-Surfer-Greis wenigstens (zumindest selten) überhaupt Blogs nutzt. Nämlich 8% der Internetnutzer, davon nur 2% regelmässig.

    Was den viralen Faktor angeht: Bullshit-Bingo: Bei Rivva kommen Top-Buzz-Stories selten über 5 Erwähnungen. Da ist die Gefahr, dass der negative Buzz Überhand nimmt, viel zu gross.

    Nennen sie mal ein paar mit Zahlen und Beispielen untermauerte Argumente, warum Unternehmen Werbegeld in Blogs stecken sollen.

  2. Ich will keine alten Gräben aufreissen, aber das Problem bei Opel, das Urproblem war doch, dass Ihr Euch zusammen mit Sascha Lobo und Eurem Mob so auf einen kritischen Blogger gestürzt und den verunglimpft habt – und einen Unbeteiligten gleich mit – dass einem das Maul offen blieb. Ich kam halbwegs ausgeruht aus Italien zurück, und fand mails in meinem Postfach, doch bitte dabei zu helfen, den Typen auch rund zu machen. Wenn die Opelbande in den ersten Zügen des Spiels irgendwas nicht war, dann waren es Opfer. Das ganze Ding ist miserabel durchgeführt worden, und die beiden einzigen guten Beiträge des Projekts, die Überlegung, warum sich Opel so schlecht entwickelt hat, und der Nürburgring, die standen bei Dir. Das wäre der Weg gewesen: Ein Mann, ein Auto, eine Strecke, und den gut bezahlen. Das ist die Geschichte, die man lesen will. Pausenclown, Furzobsessive und PR-tanten interessieren keinen. Don Dahlman, 10000 Euro, ein Auto von Berlin nach Sizilien ans Meer, im Frühling. Vom letzten verschneiten Alpenpass bis zum ersten Sommerbad. Dafür waren sie zu dumm und zu geizig.

    Mit Opel gab es einen missratenen Show Case. Opel hat das Thema vorgegeben: Billige Blogger für billige Nummern. Ebaycontest zum Beispiel. Verlinkungsblödsinn. Trigami. Lyssas Bloglachnummern beim Westen. Eine nacht in der Cola-WG. Billig, billig, billig. Warum? Weil sich immer einer findet, der es billiger macht. Das Angebot auf dem Werbemarkt ist unendlich viel grösser als das Angebot. Leute schreiben für eine Schokoladenfirma für drei lumpige Tafeln. Kosten? 2 Euro/Stunde.

    Ich glaube gerne, dass die Reichweite eines Bloggers etwas anderes ist, als die Reichweite eines Spots. Den Blogger will man, den Spot erträgt man. Aber das hätte man vermitteln müssen, mit gut geplanten, sauber durchgeührten Aktionen. Einfach nur dasitzen und darauf warten, dass der Werbeonkel kommt und zahlt, kann man vergessen. Gerade nach der Vorgeschichte der Blogs als billigste PR-Schleudern.

  3. Sorry, komm erst jetzt zur Antwort. Viel zu tun.

    @Don: Zum ersten Absatz. Zum einen: Ja. Da wurde viel überreagiert, auch von mir, was teils aber auch daran lag, dass ich extrem überrascht war, wie viel persönliche Beleidigungen da rein kamen. Das war teilweise schon sehr extrem, hat mir aber gezeigt, dass man so etwas aushalten muss, wenn man sich auf so etwas einlässt.
    Opel, bzw. die Agentur dahinter, ist das etwas blauäugig angegangen, haben aber nach der Sache selber intern gesagt, dass es vermutlich besser gewesen wäre, hätte man die der Sache ein Thema gegeben. Also, wie du sagt, etwas in der Art wie „Vier Blogger, vier Himmelsrichtungen“ Oder so.

    Ich bin weiterhin der Meinung, dass man mit interessanten Projekten im Netz sehr viel erreichen kann. Beispiel: die „Where the hell is matt“ Reihe, wo der zweite Film komplett von Stride gesponsert wurde. Schöner Beweis für die Nachhaltigkeit – die Kaugummimarke wußte ich sofort, obwohl sie hier nicht mal verkauft wird.

    Das Problem ist halt, dass vor allem auf Agenturseite kaum bis überhaupt kein Gefühl dafür vorherrscht, was im Netz passiert, wie die Dinge funktionieren und was man damit machen kann. Das Nico Lumma jetzt „Social Media Manager“ bei Scholz & Friends ist, ist ja auch komplett neu und zeugt zumindest davon, dass man anfängt darüber nachzudenken, was da in diesem Internet passiert.

    Interessanterweise ist der Werbe/PR-Markt für Blogs immer noch ein weißes Blatt Papier. Die kleben alle noch an ihren geschätzten Mediadaten und rufen „Reichweite“.

  4. Ich kann nur schwer beurteilen, welche Erfolge die Werber mit Bloggern eingefahren haben, aber beim Opel-Ding blieb bei mir ein Rennfahrer mit Namen Tim Schrick hängen, den ich irgendwo im TV irgendwann wiedererkannt habe und dass McWinkel die Kupplung vom RennAstra geschrottet hat. Unterm Strich nix neues, Opel-Billig-Ramsch halt.
    Aber das Skiding vom Winkel, nunja, ich habe ihn gefragt, ob das taugt und bin aktuell zum 3. Mal in Reihe mit dem werbenden Unternehmen im beworbenen Ort….

  5. Wieviel ist denn ein Link wert? 50 Euro, 60 oder gar einige Tausend Euros? Ich finde die Internetwelt fällt zur Zeit aus allen Fugen. Und irgendwann wird sich dass wieder legen- hoffe ich zumindest.