Spotify ändert viel

Spotify ist jetzt nicht so neu in meinem Leben. Per VPN hatte ich mir mal vor mehr als einem Jahr einen Free-Account besorgt, den ich aber selten genutzt habe, weil es mir zu nervig war, immer den UK-Proxy anzuwerfen um wieder ein bisschen Musik zu hören.

Meist höre ich auch gar nicht so bewusst Musik. Sie dient beim Arbeiten schon mal als Hintergrund, also bediene ich mich aus der dann doch sehr reichhaltigen eigenen Bibliothek. Entweder per Playlist oder einfach im Shuffle-Modus, der dann immer für interessante Entdeckungen sorgt, frei nach dem Motto: "Ach, das habe ich auch?" oder auch "WTF?". Wenn mich meine Musik langweilt, greife ich auf einen der 213443 Fantastrilliarden Radio-Sreams im Netz zurück. Mal ein wenig College-Radio, mal ein wenig lokales aus Los Angeles, ein Klassiksender oder halt Jazz. Warum zum Teufel soll man also 5 Euro im Monat zahlen, um Spotify zu nutzen, um darüber Musik zu hören, die man entweder selber auf der Festplatte hat, mit zwei Klicks gekauft ist, oder per Radio ins Haus kommt?

Seit ein paar Wochen habe ich, an der Stelle vielen Dank an die Agentur, einen, nun nicht mehr Beta, Premium-Account von Spotify, der noch bis Ende April oder so läuft. Im Zuge dessen habe ich den Dienst mal wieder intensiver genutzt und dabei festgestellt, dass Spotify durchaus eine nützliche Erweiterung sein könnte. Dafür gibt es natürlich Gründe:

1. Zentrales Streamingangebot
Meistens hört man Musik, weil man gerade jetzt in der Stimmung dazu ist. Letzte Woche hatte plötzlich ein altes Stück von Blancmange (Blancmange – Living on the Ceiling – Official Complete Uncut High Quality video .flv) im Ohr. Die Suche auf You Tube gestaltete sich nicht schwierig, wohl aber dann nach anderen Stücken der Kombo. Bei Spotify bekomme ich nach der Suche ein paar "Best of" plus die letzten Alben angeboten, deren Stücke ich dann alle hören kann. Und so geht das mit sehr vielen, nicht mal sonderlich bekannten Künstlern. "The The"? Fast die gesamte Diskografie vorhanden und sofort hörbar. Branford Marsalis? Tonnenweise, jedenfalls genug, um sich durch verschiedene Schaffensperioden zu hören. Eine Bristol-Postpunk Band wie "Blood Red Shoes" ist ebenso zu finden, wie Schätze von Labeln wie 4AD (Wolfgang Press usw.) Selbst leicht absurde Sachen wie "Caspar Brötzmann Massaker", "Three Mile Pilot" oder "Band of Susans" sind fast komplett zu hören. Das ist einfach sehr, sehr großartig.

Denn meist handelt es sich beim "Oh, lange nicht mehr gehört" Dings um eine recht kurzlebige Idee. Ich benötige nicht zwingend das gesamte Album auf der Festplatte, das ich dann alle 5 Jahre mal höre. Bei neueren Sachen, wie dem neuen Springsteen Album, geniesse ich es sehr, dass man erst mal in Ruhe reinhören kann. Gekauft habe ich es dann doch, aber da macht es einem Spotify leider nicht sehr leicht. Dazu gleich noch was.

2. Entdeckungsreise
Spotify hat es geschafft, die Sache mit den öffentlichen Playlisten hinzubekommen. Durch die Verknüpfung mit Facebook und der dann noch mal durch einen selber gefilterten Freundesliste bei Spotify, kann man ziemlich flott und bequem sehen, bzw. hören, was andere so hören. Die komplett öffentlichen Playlisten erweitern den eigenen musikalischen Horizont dann noch mal gewaltig. Ein Beispiel: Neulich einfach mal "Jazz" in die Suche eingegeben, mir dann dann ein paar Playlisten angeschaut, ein wenig durch geshuffelt und gleich zwei, drei Sachen gefunden, die mir so gut gefallen haben, dass ich sie dann auf Spotify genauer angehört habe. Daraus resultierte dann ein Einkauf. Wäre halt ohne das Angebot nicht passiert.

3. Verfügbarkeit der eigenen Musik
Spotify hat sich durch meinen Katalog gefräst. Rund ein Drittel fand ich dann als Stream auf einem Bürorechner wieder. Warum nicht alles, ist mir noch ein kleines Rätsel, aber ich war bisher zu faul mich mit dem Matching/Streaming von Spotify zu beschäftigen. Was auch meine Verwirrung erklärt, warum bestimmte gekaufte oder legal gerippte Alben nicht zu finden sind, andere jedoch schon. Jedenfalls: Nette Überraschung. Geht mit iTunes Match zwar auch, aber damit hatte ich nicht gerechnet.

Aber es ist natürlich nicht alles Gold, was glänzt.

1. Keine lokale Speicherung
Man kann zwar Stücke und Playlisten auch offline verfügbar machen, aber ein klassisches Speichern ist es nicht. Ich hab ein paar Playlisten auf dem iPad offline verfügbar gemacht, mal sehen, wie das im Urlaub funktioniert. Kleine Randbemerkung: Eine eigene iPad App wäre wirklich schön. Dennoch, lokal wird im klassischen Sinne nichts gespeichert, was nerven kann. Vielleicht ist dieses Offline/Online bzw. lokal/cloud Denken sowieso Quatsch. Das Internet hat sich mittlerweile so im Leben verankert, wie die Stromversorung. Man macht sich ja auch keine Gedanken mehr um den Strom und kauft lieber Lebensmittel, die man nicht kühl lagern muss. Stream/Cloud ist, zumindest für unwichtige Daten, sicher die praktikabelste Lösung. Ein wenig schade ist es, dass die Offline-Variante zudem ausschließlich in der Premium-Variante angeboten wird. 10 Euro/Monat sind da schon ein gefühlt happiger Preis, eine Abstufung nach unten wäre nett.

2. Keine Kaufoption
Jetzt habe ich gerade geschrieben, wie sinnvoll die Cloudsache ist, und dann muss ich mich doch über die fehlenden Offline-Verfügbarkeit auslassen. Denn irgendwie will man manche Alben dann doch zu Hause im Schrank stehen haben, aus welchen Gründen auch immer. Und leider bietet Spotify keinen Link zu Amazon oder sonst wem an. Das ist ärgerlich, das schaffen ja auch andere Programme. Warum Spotify darauf verzichtet? Ist mir nicht bekannt, vielleicht aus Performance, vielleicht aus Handling-Gründen. Wäre ein mir durchaus wichtiger Punkt, denn vielleicht möchte man Künstler nicht nur mit ein paar Zehntel-Cent Streaminglizenz beglücken, sondern gleich mit etwas mehr. Kann ich zwar immer noch machen, aber aus der Anwendung heraus wäre es netter. Aber gut, dafür gibt es auch das nervige iTunes, vielleicht bin ich da auch einfach nur zu faul.

3. Teuer
5 Euro für den einfach Zugang sind ja ok, 10 Euro für die Premium-Variante finde ich (auch wenn es vermutlich halt der üblich gefühlte Blödsinn ist) etwas viel. Aber vielleicht muss man es so sehen: Für meinen ungenutzten Xing-Account, der mir nichts bis gar nichts bringt, zahle ich auch 5 Euro im Monat. Da kündige ich den doch lieber, lege 5 Euro drauf und nehm den Premium Account.

Eine Frage finde ich dann aber schon noch interessant: Kauft man nun in Zukunft mehr Musik, oder weniger, weil man halt alles im Stream hört? Ich vermute ja fast letzteres und dann bin ich mal gespannt, wie sich das auf die Einnahmesituation der Künstler auswirken wird. Verbessern dürfte die sich vermutlich nicht. Ändern lässt sich das aber auch nicht. Spotify, Simfy, rdio usw. haben eine Büchse der Pandora aufgemacht, Apple und Google werden da nicht lange auf sich warten lassen.

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12 Antworten zu „Spotify ändert viel“

  1. Ich nutze die Premiumversion jetzt seit mehr als einem Jahr, die 10 € dafür sind mir nicht zu viel. Damit kann ich meine Playlists offline auf dem iPhone hören. Außerdem höre ich gerne Coverversionen und mit Spotify ist es leicht, welche zu finden. CDs kaufe ich schon seit Jahren nicht mehr (ist bei mir einfach eine Platzfrage), und wenn ich mit Streamingprogrammen die Möglichkeit habe, meine Festplatte zu schonen, brauche ich auch iTunes nicht. Das sind mir 10€ im Monat wert.

  2. Einige Verleger denken auch schon an ähnliche Zugriffs- und Abomodelle für Bücher. Wenn ich mir vorstelle, mit 10 bis 20 Euro pro Monat Zugriff auf die komplette Musik und alle Bücher zu haben, ist das schon sehr reizvoll. Das Zeug zu kaufen uns selbst besitzen zu wollen, steht bei mir nicht mehr zu Debatte.

  3. Habe ja die ‘österreichische’ Version, da es die schon etwas länger gibt und da gibt es eine Kaufoption, die ich aber noch nie verwendet habe. Vielleicht kommt die in Deutschland noch.

    Screenshot: https://skitch.com/lucahammer/8kp7m/spotify

    Insgesamt bin ich mit Spotify sehr zufrieden. Dass man das Facebook Passwort eingeben muss, hat mich etwas genervt. Keine Ahnung, ob sich das schon verbessert hat. Preislich finde ich es im Vergleich zu allen Alternativen gut.

  4. Zur Einkommensfrage: die ist tatsächlich noch nicht endgültig geklärt, aber ich verweise mal auf diesen sehr guten Beitrag zur aktuellen Situation am Beispiel der großartigen Bodi Bill (die solltest du dir unbedingt mal bei Spotify anhören, falls noch nicht bekannt): http://on3.de/e/12940#/e/12940 und ergänzend dazu vielleicht noch: http://www.78s.ch/2012/02/11/spotify-stream-mir-das-lied-vom-tod/

  5. Jetzt bin ich aber doch neugierig geworden… Danke für den Artikel.

  6. Clara Herrenschuhster

    So schön wie diese Streamingdieste für den Verbraucher ja auch sein Mögen, eine echte Alternative zu den klassischen Vertriebskanälen sind sie nicht, die Rechteinhaber werden hier mit Pennies abgespeist, von den Künstlern mal ganz zu schweigen.

    http://www.informationisbeautiful.net/2010/how-much-do-music-artists-earn-online/

  7. Moin Clara,

    immer noch mehr als wenn man sich du Mucke illegal besorgt…

    man darf Streaming vll eher mit Radio als mit dem Verkauf von CDs vergleichen… dann passt das.

    Mfg der Alex

  8. OK, interessanter Artikel. Aber:
    „Wenn mich meine Musik langweilt, greife ich auf einen der 213443 Fantastrilliarden Radio-Sreams im Netz zurück.“
    Das bringt es für mich auf den Punkt und ist der Grund, warum ich Spotify und andere ähnliche Dienste nicht benötige. LastFM war mal eine Alternative, um gezielter zu hören, was einen interessiert, ist aber für mich auch uninteressant geworden.

  9. Spotify ist echt Dope, das einzige was mich nervt ist das Hanz und Kunz jetzt den Facebook Newsfeed mit ihrem „exquisten“ Musikgeschmack zuspammen…

  10. Also ich muss gestehen ich kannte es noch nicht, aber dank deinem wirklich tollen Beitrag werd ich mir das doch direkt nochmal genauer ansehen. Vielen dank für den TIpp und deine mEinung !

  11. Markus

    Ich aufgrund der besseren Audioqualität von 5 auf 10 EUR umgestiegen (320) :-))

  12. Markus

    bin