Noch mehr Überwachung?

Vielleicht ist es ja schon sehr, sehr oft gesagt worden, aber offenbar kann man es nicht oft genug wiederholen. Der schreckliche Anschlag in Norwegen zeigt das Dilemma der Überwachung. Sie mag funktionieren, wenn man sich auf bestimmte Ziele beschränkt, zum Beispiel Islamisten. Aber sie versagt halt kläglich, wenn jemand aus einer völlig anderen Ecke kommt und minutiös einen Anschlag plant. Wenn ich immer nur in eine Richtung schaue, bevor ich die Strasse überquere, kann es halt passieren, dass ich etwas übersehe.

Die logische Konsequenz müsste dann sein, in alle Richtungen schaut, also dass man einfach alle überwacht. Und mit „alle“ meine ich nicht nur die Bewohner eines Landes, sondern auch jeden, der das Land betritt. Vielleicht hat er ja jahrelang in einer abgeschiedenen Hütte in den Anden einen Anschlag geplant, den er nun umsetzen möchte? Da wäre es doch gut, wenn der chilenische Geheimdienst seine Daten in einen riesigen weltweiten Pool schiebt, und man Einreisewillige vorher schon mal durchcheckt. Am sichersten wäre es dann, wenn man einfach jeden lückenlos überwacht, möglichst auch seine Gedanken. Also komplettes Data-Mining bei allen Foren und Social Networks? Aber was ist mit denen, die sich da raushalten? Sie sind die nicht per se verdächtig?

Und so lange geistige Brandstifter wie Broder oder Sarazzin ihre persönlichen Ängste eines enger werden Lebensraum in Europa postulieren, den mache Medien nur zu gerne aufgreifen, wird die Diskussion um erweiterte Befugnisse der Verfolgungsbehören einen nahrhaften Boden finden. Nur wird sich nichts daran ändern, dass es Wahnsinnige gibt, gegen die keine Überwachung hilft.

6 Antworten zu „Noch mehr Überwachung?“

  1. Nun ja, was ich gestern mitbekommen habe, der junge Mann kaufte vor seinem Handeln große Mengen Dünger und der Händler hat diesen Kauf sogar der Polizei gemeldet, weil ihm das komisch vorkam (und er offensichtlich wusste, dass man daraus Bomben basteln kann). Polizei hat nicht ermittelt. Da ist dann die Überwachung möglicherweise nur ein noch Pferdefuß, der sehr behäbig macht.

  2. Totale Sicherheit bietet nur der kollektive Selbstmord.

  3. SvenS

    So tragisch die Vorfälle in Norwegen auch sind, aber wir werden uns als Gesellschaft (hier durchaus global verstanden) damit abfinden, dass es gegen solche Täter keinen effektiven Schutz gibt. Das ist tragisch und man könnte es zynisch nennen angesichts von über neunzig Toten, aber dieses Risiko müssen wir lernen auszuhalten. Wenn morgen jemand mit einem Fahrzeug in eine Menschenmenge fährt, kann es zu ähnlich vielen Toten kommen und die Vorbereitung dazu kann jemand ganz alleine machen, ohne jedwede Vorwarnung, alles was er benötigt ist eine ausreichend große Menschenansammlung und ein Fahrzeug. Jedes hinreichend große Straßenfest ist da potentieller Tatort und jeder mit Zugriff auf ein Fahrzeug ein potentieller Täter.

    Aber und das ist jetzt definitiv zynisch, wir haben Sommerloch, da können jetzt verwirrte Hinterbänkler vorangeschickt werden und dem verängstigten Bürger mit markigen Vorschlägen und Forderungen Sicherheit vorgaukeln.

    Die öffentliche Haltung der Politik in Norwegen ist aber aus hiesiger Sicht bewundernswert.

  4. [OT: hast Du eine neue E-Mail-Adresse, Don?! Irgendwie scheinen meine Mails Dich nicht zu erreichen?!]

  5. Vollkommenene Sicherheit kann es nicht geben. Wie weit man vorsorgen will und kann ist dann auch eine Frage des Aufwands. Finanzielle und personelle Ressourcen sind ja nicht unbegrenzt. Und ob dann zufällig einer der Überwacher einen eigentlich unkritischen Düngerkauf als Gefahr erkannt hätte? Zumindest fraglich. Eine Überwachungsstruktur, welche diesen Anschlag hätte voraussehen und vereiteln können, würde sicher mit erheblichen Einschnitten im Alltag Aller einhergehen. So tragisch der Vorfall auch ist, ich glaube nicht, dass er sich durch eine staaliche Institution hätte verhindern lassen.

  6. Theresa

    Mit Überwachung oder nicht, mit Kontrolle oder nicht, können wir, Menschen, nichts beeinflussen können. Wir sind diejenigen, die den Eindruck haben, sie würden durch Maßnahmen besser und sicherer Leben…Ein Eindruck halt