Zoomer, Gemüse und Fehler

zoomer.de wird also Ende des Monats eingestellt. Eine Überraschung ist das nicht, denn die Seite lief ja nie so richtig dolle. Ich war, vor nicht mal einem Jahr, zum Launch der Seite eingeladen und fand die Grundidee gar nicht mal schlecht. Denn die lautete: Wir nehmen aktuelle Themen, lassen deren Wichtigkeit von den Usern bewerten und liefern zu den Artiklen verschiedene Hintergrundinformationen. Das können erweiternde Kommentare der User sein, aber auch Zitate aus Wikipedia oder von anderen Seiten. Der Leser kann entscheiden, ob er nur die umgestrickte dpa Meldung lesen möchte, oder sich tiefer gehend informieren möchte. Dieses Grundkonzept, also redaktionelle Inhalte mit partizipativen Elementen zu vermischen, halte ich weiterhin für richtig. Man hat aber viele Fehler gemacht.

1. Die gemeinsame Redaktion
Das Scheitern von zoomer.de ist auch ein Hinweis darauf, dass zusammengeworfene Zentralredaktionen nicht funktionieren. Dass man die Redakteure des tagesspiegel.de auch noch damit belastet hat, Einträge für zoomer.de erstellen zu müssen, hat sicher nicht gerade zur Motivation beigetragen. Damit meine ich nicht, dass die Redakteure schlecht gewesen wären, sondern dass es vermutlich mehr Sinn macht, wenn man eine Redaktion ein Projekt allein und in gemeinsamer Verantwortung entwickeln lässt, statt ihnen die Arbeit einfach zuzuteilen.

2. Keine Verzahnung mit dem Netz
Zoomer wollte, als erste reine Neugründung im Netz nach der netzeitung, auch ein Portal für netzaffine Menschen sein. Das damit nicht Blogger gemeint waren, war mir schon klar, aber ich war dann doch entsetzt, wie wenig sich die Seite um Netzthemen gekümmert hat. Warum sollte man Themen einer Seite zutragen, die sich offensichtlich nicht dafür interessiert hat? Wenn es aber keine Netzthemen behandelt, warum sollte ich es dann lesen wollen, wo es doch sehr viele anderen Angebote gibt?

3. Kein Agenda-Setting
Man braucht nun wirklich kein weiteres Portal, dass im Netz dpa Meldungen abdruckt. Man braucht Meinungen, Konfrontation, gute Texte, Mut zur Themensetzung und die technischen Fähigkeiten, dies auch zu tun. Selbst wenn man nicht die Blogszene nicht als Leser im Sinn hatte (was ich gut verstehen kann), warum sollte ich mir aber auch als normaler Leser zoomer.de antun? Das Portal hat in seinen knapp 12 Monaten keinen Grund liefert, warum ich es ansurfen sollte. Weder, weil ich einen bestimmten Autor lesen wollte, noch weil es dort viele eigene Geschichten gab. Stattdessen hatte man schon nach wenigen Wochen den Eindruck, dass zoomer lieb- und motivationslos vor sich hingepflegt wurde und die Idee, ein Newsportal für die StudiVZ Kunden zu etablieren, war dann wohl auch eher verzweifelt.

Die Chance wäre gewesen, eine internetaffine, mit der Blogszene und anderen interessierten Usern verzahnte Nachrichtenseite zu etablieren, die die Klaviatur des Netzes inkl. seiner technischen Möglichkeiten bedient. Doch dafür war zoomer.de inhaltlich und personell zu schwach aufgestellt. Ich bin auch der Meinung, dass manjemanden als Chefredakteur hätte nehmen sollen, der mehr Rückhalt im Netz hat, bzw. eine solche Person zumindest an die Seite eines Chefs als Berater/Entwickler hätte stellen sollen. Die Verpflichtung von Mercedes Bunz für den Tagesspiegel hat ja durchaus gezeigt, dass sich ein solcher Mut lohnen kann.
Allgemein, und nicht auf zoomer.de bezogen, gilt: Will man im Netz etwas etablieren, sollte man auch jemanden als Chef/Berater/Entwickler haben, der sich mit so etwas auskennt. Ich habe noch nie verstanden, warum man für ein Onlineportal ausgewiesene Printexperten verpflichtet. Man würde ja auch nicht auf die Idee kommen, die Chefredaktion einer Printzeitung mit einem Gemüsehändler zu besetzten, nur weil der seine Ware in Zeitungspapier einrollt.

Aber die Schwäche gilt nicht nur für die Inhalte, sondern auch für Ausrichtung des Portals. So sehr ich die Versuche von Holtzbrinck schon interessant finde, so sehr enttäuscht kann man auch über die Umsetzung sein. Das völlig gefloppte German-Blogs hat man ebenso in den Sand gesetzt, weil man nicht mit der nötigen Konsequenz und dem dazu gehörigen Mut ran gegangen ist. Zoomer.de ist aus dem gleichen Grund gescheitert. Dass das Portal nun dicht macht ist aber dennoch bedauerlich, weil es abermals das Signal aussendet, dass man im Netz nur erfolglos sein kann.

4 Antworten zu „Zoomer, Gemüse und Fehler“

  1. […] [19:12 Uhr]: Passend dazu ein netter Vergleich in einem kritischen Blogeintrag: Ich habe noch nie verstanden, warum man für ein Onlineportal ausgewiesene Printexperten […]

  2. Guter Beitrag. Ich denke, vieles davon ist wahr. Auch wenn es sicher noch andere Fehler gab und das reine Einstellen des Portals vielleicht der größte davon ist

  3. hiddensee

    Zoomer hat es nicht in meinen Aufmerksamkeitsradius geschafft.
    Das sagt eigentlich alles.

  4. […] nunmal sind und waren, ist unter diesen Rahmenbedingungen nicht durchzuhalten.« Und Blogger Don Dahlmann schreibt dazu: »Dass das Portal nun dicht macht ist aber dennoch bedauerlich, weil es abermals […]